Anleihenbewertung
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Anleihe und Anleihenbewertung: Was ist eine Anleihe?
Bevor wir uns im Detail der Anleihenbewertung zuwenden, gehen wir zunächst auf das Thema Anleihen ein.
Anleihen (engl. bonds) stellen auf den internationalen Kapitalmärkten ein enorm wichtiges Anlage- bzw. Finanzierungsinstrument dar.
Dem Wissen um ihre Bewertung kommt damit eine zentrale Bedeutung auf der einen Seite bei Anlageentscheidungen, auf der anderen Seite bei der Aufgabe der Bilanzierung zu.
Anleihen sind (meist festverzinsliche) Wertpapiere und werden u.a. von Staaten (= Staatsanleihen, engl. government bonds, Unternehmen (= Unternehmensanleihen, corporate bonds) oder Kommunen (= Kommunalanleihen, municipal bonds) herausgegeben für deren Fremdfinanzierung.
Sie stehen damit im Gegensatz zur anderen großen Gruppe der Wertpapiere, den Aktien, die eine Form des Eigenkapitals darstellen.
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Warum wird eine Anleihe bewertet?
Anleihen haben einen tagesaktuell an der Börse ersichtlichen Preis/Kurs, genauso wie Aktien. Dennoch werden sie „bewertet“, und im ersten Zugang mag man sich fragen, warum das so ist.
Im Prinzip kann man drei Formen der Anleihenbewertung unterscheiden:
Der „interne“ Ertrag der Anleihe und ihr Zeitwert
Im Gegensatz zu Aktien sind Anleihen mit einer Laufzeit (engl. maturity) verbunden.
An deren Ende wird der Nennwert der Anleihe (sozusagen der ursprüngliche Preis bzw. der Umfang des zur Verfügung gestellten Kapitals; engl. face value) zurückgezahlt.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Anleihe mit einem Zinssatz (einer Zinszahlung, auch Kupon genannt) verbunden.
Daher lässt sich – vergleichsweise einfach – ermitteln, wieviel Ertrag mit einer Anleihe bis zum Ende des Investmentverlaufs noch verbunden ist, wieviel Kapital also quasi derzeit in ihr steckt.
Setzt man das Ergebnis dann – mittels einer etwas komplizierteren Berechnung – noch ins Verhältnis zum aktuellen Zinsniveau, lassen sich Aussagen über den momentanen Zeitwert der Anleihe treffen (engl. present value).
Der „externe“ Wert der Anleihe (Rating und Marktwert)
Unabhängig vom Zeitwert der Anleihe geht es beim externen Wert der Anleihe um die Betrachtung des Emittenten.
Inwiefern und in welcher genauen Abstufung im Vergleich zu anderen Emittenten ist er kreditwürdig? Wie hoch ist also die Ausfallwahrscheinlichkeit des Emittenten bzw. der Anleihe?
Für höhere Risiken im Portfolio wollen die Investoren normalerweise auch eine höhere Verzinsung oder einen niedrigeren Preis.
Diese Art der Bewertung und Analyse gibt es im Prinzip auch bei Aktien. Neben ihrem Börsenkurs ist für Anleger interessant, ob das Geschäftsmodell des emittierenden Unternehmens funktioniert und ertragreich ist.
Man möchte also wissen, wie es um die Zukunftsaussichten steht. Daraus ergibt sich für kundige Investoren, ob eine Aktie über- oder unterbewertet ist.
Das Rating ergibt zusammen mit dem Zeitwert einer Anleihe deren Marktwert.
Ist der Zeitwert mit einem hohen Risiko verbunden, wird am Markt wahrscheinlich weniger dafür bezahlt, während der gleiche Zeitwert mit wenig Risiko in der Regel einen höheren Marktpreis nach sich zieht.
Für die externe Bewertung hat sich zwar der Begriff „Anleihe-Rating“ etabliert, er findet aber nicht durchgängig Verwendung und wird oft synonym mit Anleihenbewertung gebraucht.
Der bilanzielle Wert der Anleihe
Darüber hinaus besteht für den Besitzer einer Anleihe, sofern er einer Bilanzierungspflicht unterliegt, die Notwendigkeit, den geldwerten Umfang seines Anleihenbesitzes nach den rechtlichen Vorgaben korrekt in der Bilanz aufzuführen.
Auch der Emittent einer Anleihe ist in seiner Bilanz verpflichtet, die Herkunft seines Fremdkapitals auszuweisen.
Er ist daher auf die Bewertung der von ihm ausgegebenen Anleihen angewiesen. Hierfür ist immer der interne Wert ausschlaggebend und Grundlage der Berechnung.
Die Verwendung des Begriffs Anleihenbewertung geht übrigens in der Literatur zwischen diesen drei grundverschiedenen Bewertungssystemen oft durcheinander und erfolgt nicht immer mit der präzisen Unterscheidung von interner, externer oder bilanzieller Bewertung.
Interner Ertragswert einer Anleihe und Zeitwert/Present Value
Anleihen sind in aller Regel mit einer Laufzeit verbunden.
Daher muss man sich nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Anlageentscheidungen einen Überblick darüber verschaffen, wieviel Gesamtwert oder „Restwert“ in verschiedenen Anleihen steckt.
Das ist zunächst einmal sehr einfach: Man addiert die anstehenden Zinszahlungen/Kupons und die am Ende erfolgende Nennwertrückzahlung.
Ein Rechen-Beispiel
Ein Beispiel zur Verdeutlichung. Anleihe A und B haben beide einen Nennwert von 1.000 Euro. Anleihe A ist mit 2,5 % Zins und einer Laufzeit von 5 Jahren verbunden, Anleihe B läuft nur noch drei Jahre bei 3,5 % Zins.
In Anleihe A steckt also 5 x 2,5 % Zins auf 1.000 Euro plus der Nennwert, in Anleihe B 3 x 3,5 % Zins auf 1.000 Euro plus Nennwert.
Anleihe A: 5 x 25 EUR + 1.000 EUR = 1.125 EUR
Anleihe B: 3 x 35 EUR + 1.000 EUR = 1.115 EUR
Auf den ersten Blick erscheint im Vergleich Anleihe A also wertvoller zu sein als Anleihe B, wenn auch in diesem Beispiel nur um 10 Euro.
Nun steht aber ja im Fall von Anleihe B das gesamte Geld schon nach 3 Jahren wieder zur Verfügung, im Fall von Anleihe A erst nach 5 Jahren. Daher gilt es, den mit der Anleihe verbundenen Zinssatz ins Verhältnis zu setzen mit dem allgemeinen Marktzinssatz, um zu einer realistischen Einschätzung des Zeitwertes (present value) zu gelangen.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Abzinsen der Kuponzahlung und des Nennwertes. So lässt sich sagen, welchen fairen Preis (engl. fair value) eine Anleihe unter Berücksichtigung ihrer Zahlungsströme (Kuponzahlungen und Rückzahlung des Nennwerts) sowie der aktuellen Marktzinsen haben sollte.
Berechnung mit der Barwertmethode
Ziel ist es, festzustellen, ob eine Anleihe über- oder unterbewertet ist, um fundierte Investitionsentscheidungen treffen zu können. Dem dient die sogenannte Barwertmethode (engl. present value approach).
Die wichtigsten Variablen in dieser Methode und damit bei der Bewertung des Zeitwerts einer Anleihe sind.
- Der Nennwert (engl. face value) = FV
- Der Kupon/(jährlicher) Zinssatz (Schreibweise auch: Coupon) = C
- Die Laufzeit (engl. maturity) = n
- Der Diskontierungssatz (engl. discounting rate): aktueller durchschnittlicher Marktzinssatz = r
Die Formel zur Berechnung des Barwerts anhand zweier Rechenbeispiele
Unter Verwendung der eben erläuterten Kürzel sieht die Formel zur Berechnung des Barwerts dann so aus:
Häufig wird die gleiche Formel auch so dargestellt:
F ist hier das Kürzel für face value/Nennwert.
Die Formel mag zunächst sehr abstrakt und kompliziert anmuten, daher hierfür zwei Rechenbeispiele mit den genannten Anleihen und einem Diskontierungssatz von 3 %.
Rechenbeispiel für Anleihe A
Barwert der Kuponzahlungen Anleihe A durch Abzinsung:
=
Dazu wird der Barwert des Nennwerts der Anleihe A addiert, der ebenfalls abgezinst wird:
Anleihe A hätte also nach dieser Formel einen Barwert von 114,47 EUR (abgezinste Kupons) + 862,61 EUR (abgezinster Nennwert) = 977,08 EUR.
Rechenbeispiel für Anleihe B
Barwert der Kuponzahlungen:
=
Zuzüglich des abgezinsten Nennwertes:
Anleihe B hätte demnach einen Barwert von 98,93 EUR (abgezinste Kupons) + 915,14 EUR (abgezinster Nennwert) = 1.014,07 EUR.
Der Unterschied hat sich nun also umgekehrt: Anleihe B ist offensichtlich nach dieser Berechnung um knapp 37 Euro (bzw. angesichts des gleichen Nennwerts um 3,7%) wertvoller als Anleihe A.
Diese Umkehrung des ersten Eindrucks (siehe oben) erschließt sich auch logisch einigermaßen einfach, denn Anleihe A hat einen Zinssatz unterhalb des Marktniveaus, Anleihe B hingegen oberhalb dessen.
Takeaway der Beispielrechnungen zur Anleihenbewertung
Es gilt anhand dieses Beispiels festzuhalten:
- Je länger eine Anleihe läuft, deren Kupon unterhalb des Marktniveaus liegt, desto ungünstiger für den Anleger (und günstiger für den Emittenten), und umgekehrt.
- Der Vergleich von Barwert und Nennwert ist erst nach diesen Rechenschritten möglich. Bei Anleihe A im obigen Beispiel liegt der Barwert unter dem Nennwert, bei Anleihe B knapp darüber. Je nach dem aktuellen Kurs kann hier noch einmal eine „Gewinnreserve“ liegen, weil am Ende der Laufzeit vom Emittenten der Nennwert zurückgezahlt wird.
- Ändert sich das Marktzinsniveau und damit der Diskontierungssatz, hat das maßgeblichen Einfluss auf diese Berechnung und damit auf den Barwert.
Rendite bis zur Fälligkeit/Yield to maturity (YTM)
Für Anleger und den Vergleich verschiedener Positionen im Portfolio ist in der Regel auch die Gesamtrendite einer Anlage interessant. Dies meint die Angabe, wie sich das eingesetzte Kapital im Asset letztlich verzinst.
Dafür könnte man in einem ersten, einfachen Zugang die jährlichen Kuponzahlungen addieren.
Im obigen Beispiel würde sich das eingesetzte Kapital (bezogen auf den Nennwert) bei Anleihe A fünf mal mit 2,5 % verzinsen, also insgesamt über die fünf Jahre 12,5 % Ertrag bringen.
Anleihe B erbrächte 3 x 3,5 %, also innerhalb der drei Jahre insgesamt 11,5 % Ertrag aus dem eingesetzten Nennwert.
Diese einfache Berechnung…
- kann aber nur für Anlagen mit einer festen Laufzeit Geltung beanspruchen
- bezieht sich auf den Nennwert, nicht den tatsächlichen Barwert der Anlage
- und berücksichtigt den aktuellen Marktzins nicht als Vergleichspunkt
Daher wurde für Anleihen eine weitere Kennzahl entwickelt, nämlich die Berechnung der Rendite bis zur Fälligkeit (engl. yield to maturity/YTM).
Dabei handelt es sich um eine iterative Annäherungsrechnung auf Basis des ermittelten Barwertes. Um den durchgängigen Endzinssatz (eine andere Formulierung für Rendite bis zur Fälligkeit) zu berechnen, wird das Ergebnis der Barwertberechnung iterativ zum Zinssatz hin aufgelöst.
Rechenbeispiel für Anleihe A
Bleiben wir beim Beispiel der Anleihe A. Deren errechneter Barwert von 977,08 Euro wird in die Formel für den Barwert eingesetzt, um sie nach r hin aufzulösen, also:
Analytisch ist diese Gleichung nicht lösbar, also wird sich durch Näherung an r angenähert (beginnend z.B. bei 3 %, also r=0,03).
Man kommt am Ende auf 3,14 % als Ergebnis: Die Anleihe verzinst sich unter dem Strich bei Erhalt aller Zahlungen jährlich mit 3,14 %.
Dieses Ergebnis liegt deswegen höher als der einfache Zinssatz,
- weil für die Anleihe ja in dieser Methode nicht der Nennwert, sondern der Barwert als Preis angenommen wurde. Bezogen auf diesen Preis wäre auch der Kupon (der sich aber ja auf den Nennwert bezieht) der Anleihe schon leicht höher, nämlich 2,56 %.
- Hinzu kommt der Diskontierungssatz des Marktes von 3 %, der für dieses Rechenbeispiel beibehalten wurde und der über dem Zinssatz der Anleihe liegt.
- Am Ende erhält der Inhaber der Anleihe den Nennwert (also 1.000 EUR) zurück, nicht den angenommenen Kaufpreis von 977,08 EUR. Auch hierin liegen noch einmal fast 23 EUR Gewinn.
YIELD-Funktion bei Excel
Die Methode mag auf den ersten Blick reichlich kompliziert erscheinen und für Nicht-Mathematiker nicht anwendbar zu sein. Im Programm Excel bietet Microsoft jedoch eine relativ einfache Möglichkeit, sich die Berechnung nach Eingabe der entsprechenden Parameter durchführen zu lassen.
Erforderlich sind dafür die folgenden Eingaben:
- Settlement = Kaufdatum der Anleihe
- Maturity = Fälligkeitsdatum der Anleihe
- Coupon = Zinssatz der Anleihe
- Price = Einkaufspreis der Anleihe
- Redemption = 100 % (Wenn der Nennwert zu 100 % zurückgezahlt wird)
- Frequency = 1 (bei Zinszahlung ein Mal pro Jahr)
- Basis = 0 (30/360-Tage-Zählweise)
Fazit der internen Anleihenbewertung
Während der YTM eine gute Kennzahl bietet, um die Rendite einer Anleihe mit anderen Anlageformen vergleichen zu können, entspricht die Barwertermittlung von Anleihen meist nicht einfach ihrem Marktwert bzw. dem tatsächlichen Preis, zu dem sie gehandelt werden.
Es muss in einem weiteren Schritt hinzukommen, dass Emittenten unterschiedlich zu bewerten sind (externe Anleihebewertung, Rating und Marktwert). So kann das Ausfallrisiko einer Anleihe ebenfalls mit in das Kalkül einbezogen werden.
Denn was nützen am Ende großartige Barwerte von Anleihen oder prognostizierte Renditen über die gesamte Laufzeit, wenn aufgrund einer Insolvenz Kuponzahlungen ausfallen oder der Nennwert der Anleihe nicht ausgezahlt werden kann?
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Rating und Marktwert von Anleihen – Externe Anleihenbewertung
Für die Einschätzung der Bonität, also die Kreditwürdigkeit eines Anleihe-Emittenten, haben sich die Rating-Prozesse großer, entsprechend spezialisierter Agenturen etabliert.
Diese Ratings haben einen wesentlichen Einfluss auf die letztliche Marktpreisfindung (und damit den Kurs) von Anleihen.
Diese Agenturen ziehen für die Einschätzung von Unternehmen (und in abgewandelter Form für Staaten) verschiedene Faktoren in Betracht.
Zu den Rating-Kriterien zählen die bisherige Rückzahlung von aufgenommenen Krediten, die momentane und erwartete Branchenentwicklung, Kennzahlen aus der Bilanzanalyse, aktuelle Bewertungen der Managementpolitik und viel weiteres Wissen und Faktoren.
Sie machen damit nach einem internen System die verschiedenen auf dem Markt erhältlichen Anleihen in ihrer Ausfallwahrscheinlichkeit miteinander vergleichbar zu machen.
Klassischerweise kann man jedes marktübliche Kategorisierungssystem unterteilen in „investment grade“ und „non-investment grade“, also in „investierbar“ und „nicht investierbar“.
Viele institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen dürfen aufgrund ihrer eigenen Anlagerichtlinien nur im erstgenannten Bereich Anleihen kaufen, weil „non-investment grade“ eine relativ hohe Ausfallwahrscheinlichkeit bedeutet.
Das Gesamtszenario
Nimmt man alle genannten Kennzahlen zusammen, also den Barwert, eventuell die Rendite über die Laufzeit, Kerndaten zur wirtschaftlichen Lage (v.a. Inflation), vor allem aber auch das Rating des Emittenten einer Anleihe, entsteht das Szenario für den tatsächlichen Marktpreis einer Anleihe.
Alles zusammen fließt in den börsennotierten tagesaktuellen Kurs ein, zu dem man Anleihen kaufen und verkaufen kann.
Sind Nennwert und Kurswert identisch (z.B. beim Kauf einer Anleihe direkt bei deren Emission), spricht man von „pari“.
Liegt der Kurs unter dem Nennwert der Anleihe, wird das als „unter pari“ bezeichnet, im umgekehrten Fall (der Kurs liegt über dem Nennwert) als „über pari“.
Außerdem unterscheidet man den clean price und den dirty price. Im clean price sind die seit der letzten Kuponzahlung aufgelaufenen Zinsen nicht enthalten, im dirty price (auch: Rechnungspreis oder Vollpreis) aber wohl.
Externe Anleihenbewertung – Ein Fazit
Vor dem Hintergrund all dieser Einsichten und Faktoren wird klar:
- Im aktuellen Kurswert einer Anleihe (= Marktpreis) ist das Ausfallrisiko der Anleihe bereits eingepreist. So kommt es, dass Anleihen mit hohem Kupon oft „billiger“ sind als solche mit niedrigem Kupon. Die oftmals schlechte Bonität des Emittenten „zwingt“ ihn, seine Anleihen mit einer hohen Zinszahlung auszugeben, da sie andernfalls gar nicht marktfähig sind.
- Je höher die Bonität eines Anleihe-Emittenten, desto eher kann es sich der Emittent leisten, mit vergleichsweise niedrigen Kuponzahlungen aufzuwarten. In manchen Marktphasen „bezahlen“ die Anleger unter dem Strich dafür, dass ein als sicher erachteter Emittent wie die Schweiz ihr Geld 10 Jahre lang quasi verwahrt und anschließend in voller Höhe zurückzahlt.
- Steigende und fallende Leitzinsen haben unmittelbare Auswirkungen auf den aktuellen Kurs bestehender Anleihen. Er fällt bei steigenden und fällt bei steigenden Zinsen. Damit beschreibt er immer die Gegenbewegung zur Richtung der Zinsveränderungen.
Der Rating-Vorgang wird nicht nur für jede einzelne Anleihe angewendet, sondern auch bei Fonds und ETFs angewendet.
Entweder bestimmt dann das schlechteste Einzelrating über die Gesamteinschätzung für den Fonds. Das ist der seltenere Fall.
Alternativ werden die verschiedenen Anleihen im Fonds noch einmal nach Volumen und Ausfallwahrscheinlichkeit gewichtet und der Fonds mit einem neuen Gesamtrating versehen.
Am Rande sei noch erwähnt, dass die Emittenten von Anleihen der gesetzlichen Vorgabe unterliegen, ihre geplante Anleihe einem externen Rating zu unterziehen.
Dies dient nicht nur der Vergleichbarkeit dieser Anlageinstrumente, sondern auch der Information und damit dem Schutz der Marktteilnehmer.
Anleihenbewertung für die Bilanzerstellung
Für die Rechnungslegung über die Finanzen von Unternehmen bestehen national und international bestimmte Regelungen, die insbesondere den Ausweis der Fremdfinanzierung bzw. bestehender Vermögenspositionen betreffen.
In der Anleihenbewertung zum Zwecke der Bilanzierung kann man daher zwei Perspektiven unterscheiden, die des Emittenten (= Fremdkapitalnehmer) und die des Investors (= Fremdkapitalgeber).
Bilanzierung aus Emittentensicht
Für den Emittenten einer Anleihe stellt diese eine Verbindlichkeit dar und gehört damit in den Bereich der Passiva, also dem Ausweis der Mittelherkunft.
Mit der Ausgabe der Anleihe kommt es zur Ersterfassung, und diese erfolgt zum Ausgabekurs bzw. -Preis der Anleihen. Je nach (Rest-) Laufzeit (in aller Regel länger als ein Jahr) kommen sie unter den langfristigen oder den kurzfristigen Verbindlichkeiten zu stehen.
Auch die damit verbundenen Zinsaufwendungen sind unter den Verbindlichkeiten auszuweisen. Sie können entweder von vornherein als Gesamtposten verbucht werden oder effektiv über die Jahre der Laufzeit verteilt werden.
In den weiteren Jahren gibt es unterschiedliche Wege. In Deutschland wird nach dem Handelsgesetzbuch/HGB die anfängliche Position nur bei gravierenden negativen Wertänderungen korrigiert. Kleinere Änderungen können hingegen über Rechnungsabgrenzungsposten erfasst werden.
Nach dem internationalem Standard IFRS (International Financial Recording Standards) ist zwar die Anfangsbuchung die gleiche.
Anschließend muss jedoch der Buchwert der Anleihe Jahr für Jahr je nach Wertentwicklung angepasst und die Zinsen nach der Effektivzinsmethode erfasst werden.
In diesem Zusammenhang begegnen Abkürzungen bzw. Begriffe wie amortized cost (= fortgeführte Anschaffungskosten, eine quasi-lineare Form der Erfassung aller mit der Anleihe zusammenhängenden Positionen über die Laufzeit) und Fair Value through Profit or Loss/FVPL (tatsächlicher Marktwert durch Gewinn oder Verlust.
Im Prinzip ist dies eine zu amortized costs gegenteilige Methode der Werterfassung. Sie ist nicht-linear und daher möglicherweise starken Schwankungen unterliegend), die aber nur im Fachjargon von Buchhaltern eine Rolle spielen.
Transaktions- und Emissionskosten dürfen immer mit dem Wert der Anleihe verrechnet werden und senken den Buchwert.
Bilanzierung aus Investorensicht
Hält ein Unternehmen Anleihen in seinem Vermögen, so gehören sie je nach Zweck und Haltedauer zum Anlage- oder Umlaufvermögen und damit in jedem Fall auf die Aktivseite der Bilanz (Mittelverwendung).
Die Ersterfassung in der Bilanz erfolgt zum Erwerbspreis inklusive aller Transaktionskosten.
Nach dem Niederstwertprinzip des HGB müssen in den Folgejahren Abschreibungen vorgenommen werden, falls die Anleihe im Marktwert unter die Anschaffungskosten fällt.
Auch Wertaufholungen (wenn der Kurs wieder steigt) können, müssen aber nicht vorgenommen werden.
Wird nach dem IFRS bilanziert, kommt es auf die Einstufung der Anleihen an.
Im Anlagevermögen (Haltedauer bis zur Endfälligkeit, engl. held-to-maturity) sind sie nach den amortized costs quasi-linear zu bilanzieren.
Gehören sie zum Umlaufvermögen für eine ständige Handelbarkeit, gilt es den Fair Value through Profit or Loss/FVPL (auch: Fair Value of Other Comprehensive Income/FVOCI) zu bilanzieren.
Fazit: Anleihenbewertung – ein komplexes Thema
Die obigen Ausführungen konnten zeigen, dass es sich bei der Anleihenbewertung aus vielerlei Gründen um ein komplexes Thema handelt.
Es beginnt schon bei der Nomenklatur, die sich als nicht einheitlich präsentiert, und setzt sich fort über komplizierte Rechenvorgänge bis hin zur letztlichen Bilanzierung.
Nichtsdestoweniger sind Anleihen und ihre Bewertung aufgrund ihrer hohen Marktdurchdringung ein wichtiges Thema im Bereich der persönlichen wie auch staatlicher und unternehmerischer Finanzen.
Daher sollte man sich als Anleger gerade auf dem Hintergrund der geschilderten Komplexität ruhig die nötige Zeit nehmen, um in diese Anlageinstrumente und ihre Vielschichtigkeit in der Bewertung tiefer einzusteigen.
Inhalt:
Guter Rat ist teuer? Bei uns nicht!

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