Vermögensteuer
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Was ist die Vermögensteuer?
Von Vermögensteuer im engeren Sinn spricht man, wenn vom Gesamtvermögen eines Steuerpflichtigen eine steuerliche Abgabe erhoben wird. Als Gesamtvermögen gilt die positive Differenz zwischen Vermögenswerten (wie z.B. Kontobarbestände, Betriebe, Immobilien, Wertpapiere, Kunstgegenstände,…) und Schulden.
Im weiteren Sinn findet sich der Begriff auch als Zusammenfassung aller vermögensbezogenen Steuern, also Steuern, die einfach aufgrund des bloßen Besitzes einer Sache anfallen, z.B. Grundsteuer, KFZ-Steuer, Hundesteuer.
Die Vermögensteuer historisch und international
Die Besteuerung des Reinvermögens einer Person ist nachweislich so alt, wie es größere Staatsgefüge mit dem dazugehörigen Apparat gibt: Sowohl die Athener mit ihrem Reich (ca. 500 v.Chr. bis 100 v.Chr.) wie auch später die Römer (ca. 150 v.Chr. bis 500 n.Chr.) kannten sie.
In diesen frühen Zeiten war sie in aller Regel eine vorübergehende Steuer zur Finanzierung von besonderen Staatsaufgaben, insbesondere zur Kriegsführung und zum Unterhalt des entsprechenden Militärapparats.
Auch im europäischen Mittelalter (ca. 500-1500 n.Chr.) wurde von Grundbesitzern eine Steuer erhoben; sie ist allerdings am ehesten unserer heutigen Grundsteuer vergleichbar (also eine vermögensbezogene Steuer, keine Vermögensteuer im engeren Sinn; siehe dazu unten mehr).
Moderne Staaten (ab ca. 19. Jh) mit der entsprechend komplexeren Steuersystematik führten eine eigene Besteuerung von Gesamtvermögen ein; mittlerweile ist die Anzahl der Staaten, die eine solche Steuer erheben, allerdings wieder rückläufig: Im OECD-Raum erhoben 2017 nur noch fünf Staaten eine das Gesamtvermögen einer Person betreffende Steuer – gegenüber 12 Staaten im Jahr 1990.
Die Vermögensteuer in Deutschland
In Deutschland gab es seit der preußischen Reichsgesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts eine Vermögensteuer; 1952 wurde auch für die Bundesrepublik Deutschland ein Vermögensteuergesetz (VStG) beschlossen, das 1974 durch eine Neuauflage ersetzt wurde. Sie ist eine Ländersteuer: Ihre Einnahmen stehen nicht dem Bund, sondern den einzelnen Bundesländern zu.
Allerdings wird die Vermögensteuer seit 1997 nicht mehr erhoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil aus dem Jahr 1995 feststellte, dass die Erhebung der Vermögensteuer in ihrer damaligen Form nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar sei.
In Deutschland gibt es also eine Vermögensteuer und ein entsprechendes Vermögensteuergesetz (VStG); ihre Erhebung (also die Ausführung des Gesetzes) ist aber seit 1997 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Das Gesetz ist nicht aufgehoben, und seine neuerliche Ausführung wird immer wieder von verschiedenen Seiten ins Spiel gebracht. Die deutsche Regierung für die nächsten Jahre, eine Ampelkoalition aus SPD, Bündnis `90/Die Grünen und FDP, hat in den Koalitionsvertrag den Ausschluss von Steuererhöhungen festgeschrieben, so dass kurz- und mittelfristig wohl eher nicht mit einer Wiedererhebung der Vermögensteuer zu rechnen ist (Stand 1.12.2021).
Warum gibt es (k)eine Vermögensteuer?
Es gibt in Deutschland eine Vermögensteuer – aber sie wird nicht erhoben. Beides bedarf einer Begründung.
Vermögensteuer – warum?
„Einem nackten Mann kann man nicht in die Taschen greifen“, so lautet ein deutsches Sprichwort. Es bringt etwas flapsig auf den Punkt, was die Vermögensteuer in ihrem Grundsatz beinhaltet: Leistungsfähige Steuerzahler müssen mehr für die Aufgaben des Staates in Anspruch genommen werden, als weniger leistungsfähige.
Die Geschichte der Vermögensteuer mit ihrer Verwurzelung schon im griechischen und später im römischen Großreich zeigt, dass für die Staatsausgaben vorrangig diejenigen herangezogen werden müssen, die eine entsprechende Abgabe auch in nennenswertem Umfang leisten können: die sogenannten Reichen.
Die steuerliche Inanspruchnahme kann heutzutage auf verschiedene Weisen erfolgen, etwa wegen des zu erwartenden höheren Konsums dieser Steuerpflichtigen über eine Konsumsteuer wie die Mehrwertsteuer. Eine andere Möglichkeit wäre die Besteuerung der tatsächlichen Vermögensbewegungen über eine Verkehrsteuer wie die Grunderwerbsteuer oder die Einkommensteuer.
Den genannten Besteuerungsformen wird die Vermögensteuer als zusätzliches Instrument zur Seite gestellt: Sie ist eine reine Besitzsteuer, unabhängig von Konsum und tatsächlichen Vermögensbewegungen, orientiert alleine am wirtschaftlichen Potenzial eines Steuerpflichtigen.
Der Staat kommt damit seiner Aufgabe nach, seine Ausgaben (weitgehend) über Steuereinnahmen zu finanzieren, die nach wirtschaftlicher Potenz gestuft sind. Darüber hinaus nimmt er seine Pflicht wahr, die Anhäufung allzu großer Vermögen in wenigen Händen möglichst zu unterbinden. Eine derartige Vermögensanhäufung wird einerseits als potenzielle Quelle sozialen Unfriedens angesehen, andererseits als Problemfeld für freie demokratische Prozesse: Viel Geld bietet viele Möglichkeiten der – auch subtilen – Einflussnahme auf vielen Ebenen.
Allerdings muss die Erhebung von Steuern gleichzeitig berücksichtigen, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der vermögenden Steuerpflichtigen gewährleistet bleibt; schließlich sind die Vermögenden zum überwiegenden Teil die wirtschaftlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft: Sie schaffen Arbeitsplätze, tragen zum Bruttoinlandsprodukt bei, werden bereits über Verkehrs- und Konsumsteuern zur Kasse gebeten, stellen ihre Wirtschaftsgüter und ihre Leistungen der Gesellschaft zur Verfügung,…
Vermögensteuer – warum nicht?
Die konkrete Form der Erhebung der Vermögensteuer in Deutschland war im Jahr 1995 Anlass zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Darin urteilte des Gericht, dass das – immer noch geltende – Vermögensteuergesetz, obwohl in der Verfassung (Art. 106 GG) vorgesehen, in dieser Form nicht mit der Verfassung vereinbar sei.
Die Begründung kann man in drei Punkten zusammenfassen:
- Immobilienvermögen werden im Gesetz besser gestellt als andere Vermögenswerte – dies widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz des deutschen Grundgesetzes (Art. 3 GG).
- Grundlage der Besteuerung bildet nach dem Vermögensteuergesetz das Gesamtvermögen eines Steuerpflichtigen; nach Ansicht der Richter dürfe aber nur der aus dem Vermögen erzielbare Ertrag (sogenannter Sollertrag) Grundlage der Besteuerung sein.
- Als weiteren Hinweis zur Sache gaben die Richter zu bedenken, dass durch die Vermögensteuer in ihrer vorliegenden Form der sogenannte Halbteilungsgrundsatz gefährdet sei: Die Belastungsobergrenze eines Steuerpflichtigen sei in etwa bei der hälftigen Teilung der Einnahmen zwischen Staat und Steuerpflichtigem gegeben.
Anstatt das Vermögensteuergesetz gemäß dem Richterspruch zu modifizieren, entschied die damalige Bundesregierung, die Erhebung der Steuer ab dem Jahr 1997 auszusetzen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der damalige Spitzensteuersatz bei 53% plus Solidaritätszuschlag lag (zum Vergleich: Heute beträgt der Steuersatz für Großverdiener 42%, die sogenannte Reichensteuer – ab einem Einkommen von ca. 250.000€ – beträgt 45%).
Darüber hinaus mag eine Rolle gespielt haben, dass sich der Aufwand zur Erhebung der Steuer bzw. zur Revision des Gesetzes mit dem Ertrag (umgerechnet ca. 4,6 Milliarden Euro für 1996) nicht recht ins Verhältnis setzen ließ.
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Wie hoch ist die Vermögensteuer?
Wie hoch die Vermögensteuer angesetzt war
Die Vermögensteuer betrug bei ihrer letzten Erhebung im Jahre 1996:
- Für natürliche Personen jährlich 1% des steuerpflichtigen Vermögens bei einem Freibetrag von umgerechnet gut 61.000€ pro Person (bei gemeinsamer Steuerveranlagung multipliziert sich demgemäß der Freibetrag nach der Anzahl der gemeinsam veranlagten Personen).
- Für juristische Personen (=Körperschaften und Personenvereinigungen) pro Jahr 0,6% des steuerpflichtigen Vermögens (ab umgerechnet gut 10.000€ Vermögensmasse) ohne eingeräumten Freibetrag.
Das Vermögensteuergesetz (VStG) kennt unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige; die Beschränkung ist mit dem Fehlen eines Wohnsitzes in Deutschland gekoppelt, bzw. mit der Tatsache, dass eine Körperschaft oder Personenvereinigung weder Sitz noch Geschäftsleitung in Deutschland hat.
Darüber hinaus gelten zahlreiche Befreiungen, etwa für bundeseigene Betriebe und Banken, für Körperschaften der Wohlfahrt oder der Religionsausübung und viele weitere mehr (§3 VStG).
Mit dem Vermögensteuergesetz in unmittelbarem Zusammenhang steht das Bewertungsgesetz (BewG), anhand dessen die Bewertung des steuerpflichtigen Vermögens vorgenommen wird. Es sieht vor, dass bei natürlichen Personen das land- und forstwirtschaftliche Vermögen, Betriebsvermögen und bestimmte Wirtschaftsgüter nur mit 0,5% zu versteuern sind.
Mit dem Bewertungsgesetz wurde insbesondere Immobilienbesitz im Vergleich zu anderen Vermögensgegenständen bevorzugt, was zum bereits genannten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Verfassungswidrigkeit dieser Form der Vermögensteuererhebung geführt hat.
Wie hoch eine Vermögensteuer angesetzt werden könnte
Immer wieder wird von verschiedenen Seiten die Diskussion neu angestoßen, ob eine Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht sinnvoll oder sogar notwendig wäre. Dabei melden sich nicht nur Wohlfahrtsverbände und Sozialpolitiker zu Wort; auch Vereinigungen sehr vermögender Personen starten Initiativen, damit Reiche mit einer Vermögensabgabe (wieder) stärker für die Aufgaben des Staates herangezogen werden. Der konkrete Vorschlag einer dieser Initiativen beläuft sich auf einen generellen Steuersatz von 5% ab einem Gesamtvermögen von mehr als 500.000 €.
In der Debatte geht es unter anderem um die Grundsatzentscheidung zwischen einer reinen Sollertragssteuer, also einer Versteuerung allein der typischerweise mit dem Vermögen erzielbaren Erträge, und einer darüber hinaus gehenden Substanzsteuer, die unter Absehung aller erzielten oder erzielbaren Erträge die tatsächliche Vermögenssubstanz zur Besteuerungsgrundlage macht.
Durch die Senkung des deutschen Spitzensteuersatzes von 53% auf 42% (bzw. bei der „Reichensteuer“ auf 45%) sehen viele Diskussionsteilnehmer (nicht zuletzt der designierte neue Bundeskanzler Olaf Scholz) einigen Spielraum, um über die neue und umfänglichere Bemessung einer Vermögensteuer nachzudenken.
Einer Studie des Wirtschaftsministeriums von 2017 zufolge wäre allerdings ein Steuerhöchstsatz bei etwa 1,4% gegeben, um noch mit allen verfassungsrechtlichen Einwänden und Grundsätzen im Einklang zu stehen.
Vermögensbezogene Steuern im internationalen Vergleich
Die Vermögensteuer selbst wird flankiert von weiteren Steuern, die sich nicht auf Verbrauch oder Ertrag richten, sogenannten vermögensbezogenen Steuern.
Dies sind in Deutschland zum Beispiel die Grundsteuer und die KFZ-Steuer: Beide beziehen sich allein auf die Tatsache, dass ein Vermögensgegenstand vorhanden ist (im einen Fall Grundbesitz, im anderen Fall ein Kraftfahrzeug), nicht auf seine Nutzung oder seinen Ertrag.
In einem etwas weiteren Sinn kann man auch die Grunderwerbsteuer, die Gewerbekapitalsteuer, die Zweitwohnungsteuer, die Hundesteuer sowie Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Gruppe der vermögensbezogenen Steuern rechnen.
Diese vermögensbezogenen Steuern ergeben insgesamt in Deutschland ein Steueraufkommen von einem knappen Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Im internationalen Vergleich der wichtigsten Industrienationen stellt das einen weniger als halb so großen Wert wie der Durchschnittswert dar.
Andererseits lag Deutschland 2017 mit einer Steuer- und Abgabenquote von mehr als 37% des BIP damals ohnehin schon 3,3% über dem Durchschnitt der OECD-Staaten; 2019 wuchs diese Quote sogar auf 38,8%, knapp 5% über dem genannten Durchschnitt.
Der Vergleich zu anderen Ländern zeigt:
Deutschland rangiert mit seinen vermögensbezogenen Steuern in ungefähr der gleichen Kategorie wie Österreich oder große Teile der Schweiz (die Vermögensteuer ist kantonal und damit uneinheitlich geregelt).
Länder wie Frankreich oder Großbritannien hingegen kennen einen wesentlich höheren Anteil der vermögensbezogenen Steuern am Gesamtsteueraufkommen, wobei insbesondere für Frankreich (aufgrund häufiger Gesetzesänderungen in den letzten Jahrzehnten) die Effekte einer Vermögensteueranhebung gut sichtbar sind: Sie führten in durchaus nicht unerheblichem Maße zu einer Abwanderung vermögender Steuerzahler in die frankophonen, niedriger besteuerten Nachbarländer, insbesondere in die Schweiz und nach Belgien.
Auch Deutschland kennt anhand prominenter Beispiele die Abwanderung hochpotenter Steuerzahler in sogenannte Steuerparadiese wie Monaco, die Schweiz oder nach Luxemburg.
Für und Wider einer Vermögensteuer
In der Regel hat alles, was man tut oder lässt, bestimmte Vor- und Nachteile. Meist liegt es in der Natur der Sache, dass Entscheidungen (wie das Erheben einer Steuer) unter unterschiedlichen Gesichtspunkten unterschiedlich zu bewertende Folgen nach sich ziehen und von unterschiedlich betroffenen Personen geradezu gegenteilig empfunden werden.
Das gilt selbstverständlich auch für die Vermögensteuer.
Man könnte versuchen, es sich leicht zu machen, und die Lager in „betroffene Steuerzahler“ und „Begünstigte von der Steuerzahlung“ einteilen. Aber diese Einteilung stimmt nicht, denn die betroffenen Steuerzahler sind ja zugleich in gewisser Hinsicht Begünstigte der Steuerzahlung: Auch sie profitieren davon, dass der Staat seinen verschiedenen Aufgaben nachkommen kann.
Der Ruf nach einer höheren vermögensbezogenen Besteuerung in Deutschland kommt daher nicht einseitig von Sozialverbänden und aus dem arbeitnehmerfreundlichen Milieu (Arbeitnehmer als die – vermeintlich? – schlechter Gestellten in unserer Gesellschaft), sondern auch aus den Reihen der Vermögenden selbst. Zuletzt forderten angesichts der Corona-Pandemie 36 Millionäre die Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Im Folgenden seien die vorgebrachten Argumente für und gegen eine Vermögensteuer möglichst wertneutral dargestellt.
Was FÜR die Erhebung einer Vermögensteuer spricht
- Die Besteuerung großer Vermögen trägt dem Grundsatz Rechnung, dass jeder entsprechend seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit für die Aufgaben der öffentlichen Hand zu belasten ist (das sogenannte Leistungsfähigkeitsprinzip): Wer viel Vermögen hat, wird entsprechend stärker besteuert, als Menschen/Körperschaften mit geringem Vermögen. Dieses Prinzip widerspricht auch nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, im Gegenteil: Gleiches soll zwar gleich behandelt werden, Ungleiches aber muss (!) sogar durchaus ungleich behandelt werden – so die Forderung der Gerechtigkeit. Dieser Fall gilt bei der unterschiedlichen steuerlichen Belastung zwischen niedrigen und hohen Vermögensbeständen.
- Die Erhebung einer Vermögensteuer führt zwar auf der einen Seite zu einer Art Doppelbesteuerung von Einkommen (das Vermögen ist ja zunächst einmal durch irgendeine Form von Einkommen zustande gekommen) als späteres Vermögen; gleichzeitig sind viele Einkommensarten wie Kapitalerträge, Schenkungen und Erbschaften mit erheblichen Steuerbegünstigungen verknüpft, so dass die (monetären) Nachteile einer derartigen Doppelbesteuerung in der Summe von den Vorteilen des Vermögenserwerbs aufgewogen werden.
- Eine Abgabe auf hohe Vermögen kann einer Verlangsamung der Vermögenskonzentration in den Händen weniger dienen. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass es genau diesen Effekt gibt: Große Vermögen wachsen tendenziell (und das auch noch im Vergleich des gesamten Wohlstandswachstums überproportional), und sie konzentrieren sich nach und nach in immer weniger Händen.
Besteuert man gezielt nur die hohen Vermögen, werden sowohl der Vermögenszuwachs als auch die Konzentration in immer weniger Händen zumindest verlangsamt. - Mit den zufließenden Mitteln aus einer Vermögensteuer kann der Staat gleichzeitig seiner Aufgabe der Umverteilung besser nachkommen: Von dort, wo sich großes Vermögen ansammelt, werden Mittel abgeschöpft, die der staatlichen Wohlfahrt und Sozialfürsorge zur Verfügung stehen, also den untersten Schichten zugute kommen. Darüber hinaus können die Mittel gezielt für Programme zur Förderung bestimmter Schichten verwendet werden, etwa, um den Mittelstand zu stärken oder geringe Einkommen zu entlasten.
- Starke Ungleichheiten in einer Gesellschaft gelten als eine mögliche Quelle sozialen Unfriedens. Mit einer Vermögensteuer und den damit verbundenen Umverteilungen kann der wachsenden Ungleichheit entgegengewirkt und somit ein Beitrag zum sozialen Frieden in einer Gesellschaft geleistet werden.
- Etwas spezieller ist das Argument, dass staatliche Sondermaßnahmen wie die Rettung des Euro (ab dem Jahr 2010) und der eingerichtete „Rettungsschirm“ insbesondere den Vermögenden zugute kommen, da sie sehr häufig mit ihren Mitteln auf dem Finanzmarkt aktiv sind und von dessen staatlich geschützter Stabilität profitieren. Im Gegenzug seien sie verstärkt verantwortlich dafür, über die abgeführte Vermögensteuer zur finanziellen Stabilität und Handlungsfähigkeit des Staates beizutragen.
- Auch die hohen Staatsausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Krise bilden die Grundlage einer Empfehlung des Internationalen Währungsfonds, höhere Vermögen stärker zu besteuern, da sie grundsätzlich auch für den Umgang mit Krisen besser gerüstet seien als niedrigere Vermögensgruppen.
- Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die (neuerliche) Erhebung einer Vermögensteuer das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsmarktsituation nicht über die Maßen belasten würde. Kritischer als die Erhebung einer Vermögensteuer sei demzufolge eine hohe Einkommensteuer, weil sie die Durchlässigkeit zwischen gesellschaftlichen Vermögens- bzw. Einkommensschichten erschwere.
- Nicht wenige Vermögende gaben in einer repräsentativen Umfrage selbst an, sich steuerlich in Deutschland eher begünstigt bzw. verschont zu sehen. Weniger als ein Drittel der Befragten empfand die Steuerlast als zu hoch. Vor diesem Hintergrund scheint es wenig wahrscheinlich, dass bei Erhebung einer Vermögensteuer eine nennenswerte Abwanderung von Kauf- und Wirtschaftskraft aus Deutschland die Folge wäre.
- Die Erhebung einer Vermögensteuer fördert im Prinzip das Investitionsklima des Wirtschaftsstandortes Deutschland: Egal ob auf einen Sollertrag oder auf die tatsächliche Vermögenssubstanz als Besteuerungsgrundlage referiert wird – in jedem Fall sollte das Vermögen möglichst Rendite in Höhe des Steueraufkommens erzielen, um nicht von Jahr zu Jahr allein durch die abzuführende Steuer zu schrumpfen. Diese Rendite ist in der derzeitigen Niedrigzinsphase eigentlich nur über Investitionen erzielbar.
Was GEGEN die Erhebung einer Vermögensteuer spricht
- Das gesamtwirtschaftlich wohl gewichtigste Argument gegen die neuerliche Erhebung der Vermögensteuer ist die befürchtete Abwanderung von Kapital: Wie das Beispiel anderer Länder zeigt (z.B. Frankreich), gibt es bei Steuererhebungen einen gewissen Prozentsatz an Steuerpflichtigen, der seinen Steuerverpflichtungen durch die Wahl eines niedriger besteuerten Wohn- oder Geschäftssitzes im Ausland ausweicht. Große Unternehmen z.B. könnten ihre Geschäftsführung ins Ausland verlagern.
- Mit dieser Abwanderung von „einheimischem“ Kapital gekoppelt ist die Befürchtung, dass dadurch auch Arbeitsplätze in einem nicht unerheblichem Umfang gefährdet sind oder gleich ganz wegfallen. Wenn, wie im eben genannten Beispiel, ein Unternehmen seine Geschäftsleitung ins Ausland verlegt, werden nicht alle Arbeitskräfte diesen Umzug mitmachen (können) – es kommt zu einer Reduktion der Arbeitsplätze im Inland; darüber hinaus versteuern einige der mitziehenden Arbeitskräfte ihr Einkommen dann im Ausland.
- Auch für ausländische Investoren wird mit einer Vermögensteuer in Deutschland das investieren kostspieliger, weil sie zumindest beschränkt steuerpflichtig werden. Da die Gesamteffekte ausländischer Investitionen in Deutschland bei knapp 15% liegen, spielt dieser Bereich keine unwesentliche Rolle bei den Überlegungen zur neuerlichen Erhebung der Vermögensteuer.
- Wenn die verschiedenen Steuern insgesamt einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Staatsausgaben leisten sollen, müssen die Effekte einer Vermögensteuererhebung auf andere Steuereinnahmen berücksichtigt werden. Eine dementsprechende Studie des Wirtschaftsministeriums von 2017 zeigt, dass zwar über die Vermögensteuer nicht unerhebliche Einnahmen generiert werden könnten, dass sich aber andere Steuereinnahmen dadurch in einem Maße verringern würden, dass am Ende für den Staat ein Minusgeschäft dabei herauskommen könnte. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer wäre damit in vielerlei Hinsicht kontraproduktiv.
- Vom Gedanken und der Besteuerungsart her ähnelt die Vermögensteuer der Einkommensteuer – Vermögenserträge und Zinsen werden von der Einkommensteuer aber ja bereits erfasst. Beide Formen von Steuern zu erheben, ergäbe also eine Art Doppelbesteuerung mit der entsprechend (möglicherweise) ungerechten Zusatzbelastung für Vermögende.
- Die Einkommensteuer verlangt Abgaben auf tatsächlich erzieltes Einkommen; die Vermögensteuer wird (bisher) aufgrund von Sollerträgen errechnet, denen möglicherweise gar keine tatsächlichen Erträge gegenüberstehen – sie kann also, gemessen am tatsächlichen Vermögenszuwachs, eine Überbelastung von Vermögenden mit sich bringen.
- Aufgrund der schwierigen Vermögensbewertungen, die für eine einigermaßen gerechte Erhebung der Vermögensteuer Voraussetzung sind, bringt diese Besteuerungsart einen vergleichsweise hohen Verwaltungsaufwand mit sich. Wenn das Ziel der Vermögensteuer eine höhere Belastung von Kapitalerträgen ist, könnte dieses Ziel mit der Erhöhung anderer Steuerarten (Kapitalertragsteuer, Einkommensteuer) effektiver erreicht werden.
- Die Bemessungsgrundlage von Vermögen stellt für die Erhebung der entsprechenden Steuer ein generelles Problem dar: Wenn sie sehr eng gefasst wird, finden sich immer Mittel und Wege, Vermögen in andere „Anlage-Formen“ zu überführen, etwa durch den Kauf von teuren Kunstgegenständen oder Sammlerobjekten. Wird die Bemessungsgrundlage hingegen weit gefasst, müsste eine Steuerprüfung sehr tief in die Privatsphäre von Steuerpflichtigen eindringen, um derartige Objekte halbwegs vollständig zu erfassen.
- Ein etwas spezielleres Problem innerhalb der Frage nach der Bemessungsgrundlage stellt sich anhand der Tatsache, dass Altersversorgungsansprüche von Beamten und Arbeitnehmern anders angelegt sind als die Altersersparnisse von Selbständigen – grundsätzlich Ersparnisse mit gleichen Freibeträgen bzw. Steuersätzen zu belegen, würde diesen Gegebenheiten nicht Rechnung tragen und zu einer Ungleichbehandlung führen.
- Die Vermögensteuer sollte auf der einen Seite den damit verbundenen Zielen der öffentlichen Hand dienen (s.o., Vermögensteuer – warum?), auf der anderen Seite dem Steuerpflichtigen seinen Anteil an der eigenen wirtschaftlichen Leistung belassen. Beide Aufgaben sind nur extrem schwierig miteinander in Einklang zu bringen.
Fazit
Viele gute Argumente – auf beiden Seiten. Um sie gegeneinander abzuwägen, wird es letztlich darauf ankommen, welches Argument man wie gewichtet bzw. welche Ziele anderen Zielen oder Effekten übergeordnet werden. Ist beispielsweise die Umverteilungsaufgabe des Staates am Ende höher anzusetzen, als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einzelner Steuerpflichtiger möglichst umfänglich zu schützen? Oder muss letztlich die gesamtwirtschaftliche Rentabilität aller Steuern gerade in Krisenzeiten jedweder Umverteilungsaufgabe übergeordnet werden?
Die neue Bundesregierung aus SPD, FDP und Bündnis `90/Die Grünen hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, keine Steuererhöhungen durchzuführen. Damit muss nicht unbedingt ausgeschlossen sein, dass eine Vermögensteuer kommen könnte – sie müsste dann nur mit Steuererleichterungen in anderen Steuerarten einher gehen, was diese Vorgangsweise eher unwahrscheinlich macht.
Umstrukturierungen innerhalb der Steuerarten sind aber sicher ein Mittel, auf das eine so stark auf Ökologie ausgerichtete Partei wie die Grünen nicht auf Dauer verzichten wollen wird.
Daher stellt sich durchaus die Frage: Was soll oder kann man tun angesichts tatsächlicher oder möglicherweise noch kommender, vermögensbezogener Steuern?
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Was tun angesichts vermögensbezogener Steuern?
Was man grundsätzlich und mit großem wirtschaftlichen Erfolg tun kann, um vermögensbezogene Steuern zu vermeiden, ist Abwanderung: Viele haben es vorgemacht, es scheint zu funktionieren – Steuerparadiese haben Konjunktur.
Nicht jeder kann oder will aber diesen Weg gehen. Heimat- und Familienverbundenheit, vielleicht Pflichtgefühl oder/und auch Dankbarkeit halten viele Steuerpflichtige da, wo sie ihre Wurzeln haben oder sich ein funktionierendes Umfeld geschaffen haben.
Mancher denkt sich vielleicht, dass die Steuerlast gerade noch so angemessen ist (auch wenn sie nicht unwesentlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder liegt: im Jahr 2019 knapp 5% darüber) angesichts dessen, was das Land bietet – Deutschland gilt als guter, stabiler Wirtschafts- und Dienstleistungsstandort, bietet dementsprechende Infrastruktur und eine weitgehend funktionierende Gesellschaftsordnung mit ausbalancierten Kräften (Arbeitgeber – Arbeitnehmer, Parteien – Institutionen, Bildung, Wissenschaft und Kultur).
Da vermögensbezogene Steuern nicht zuerst die Ertragskraft des Vermögens im Blick haben, sondern im Prinzip auf die Vermögenssubstanz abheben, wird es in jedem Fall sinnvoll sein, diese Substanz möglichst ertragreich einzusetzen.
Im Falle der Hundesteuer mag das noch vernachlässigbar und möglicherweise geradezu lächerlich sein (es sei denn, man zahlt die Steuer für Rassehunde, mit denen man Preise gewinnt); bei der KFZ-Steuer kommt man schon eher in Bereiche, wo gezielte Investitionen eventuell gute Rendite erzielen können.
Andere vermögensbezogene Steuerarten wie die Erbschaft- und Schenkungsteuer sehen bereits großzügige Freibeträge und Möglichkeiten erheblicher Steuervermeidungs- bzw. Reduktionsmöglichkeiten vor. Vor allem die Regelungen rund um Schenkungen können zum Beispiel innerhalb von Familien ein geeignetes Mittel sein, Vermögensteuer zu vermeiden und stattdessen von Befreiungen bei Schenkungen zu profitieren.
Eine Vermögensteuer im engeren Sinn, wie sie in Deutschland zwar vorgesehen, aber derzeit nicht erhoben wird, zwingt dann aber letztlich zum Nachdenken über sinnvolle Investitionen, um das eigene Vermögen so ertragreich wie möglich für sich arbeiten zu lassen. In der derzeitigen – und wohl noch länger anhaltenden – Niedrigzinsphase sind liquide Geldbestände auf Bankkonten nicht das Mittel der Wahl, um über Zinserträge dieser Aufgabe nachzukommen.
Stattdessen gilt es, mit Sachwertinvestitionen Vermögen langfristig zu erhalten, auszubauen und ertragstark aufzustellen.
Viele Vermögenden werden sich aufgrund dieser Gegebenheiten auf neue Terrains begeben müssen, da Festzins-Anlagen jahrzehntelang als das sicherste Mittel zum risikolosen Vermögenserhalt galten: Angesichts des niedrigen Zinssatzes und steigender Inflationsraten sind sie heute die sichersten Mittel, Vermögen zu reduzieren!
Auf der anderen Seite bietet der mittlerweile stark regulierte Sachwertanlagemarkt mit seinen Alternativen Investmentfonds (AIF) erprobte Produkte, um sich neue, stabile und weitgehend sichere Ertragsmöglichkeiten zu erschließen.
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