Zertifikate
geschätzte Lesedauer
Dieser Artikel behandelt ausschließlich Zertifikate im Sinne von Finanzprodukten.
Es handelt sich um eine der komplexesten Formen solcher Finanzprodukte. Der Artikel versucht zunächst, sich ihnen auf eher theoretischer Ebene zu nähern (Punkte 1 und 2). Anhand der in den später folgenden Punkten genannten Beispiele mag allerdings leichter und schneller klar werden, was Finanz-Zertifikate eigentlich sind und wie sie funktionieren.
Hier finden Sie die aktuelle Investmentauswahl
Was sind Zertifikate?
Dem ursprünglichen Wortsinn nach handelt es sich eigentlich um eine Art Versicherungsschein.
Aus der Kombination der lateinischen Wörter „certus“ mit der Bedeutung „sicher“ und „facere“ = „machen“ entsteht „sicher machen, versichern“. Dem Eigentümer des Zertifikats wird also etwas (eventuell „mit Brief und Siegel“) versichert, z.B. eine erhaltene Qualifikation oder ein Eigentumsrecht.
Im Bereich der Finanzanlagen stellt ein Zertifikat eine Art Verbriefung eines Finanzproduktes dar, also ein Wertpapier.
Allerdings handelt es sich bei Zertifikaten nicht um Wertpapiere in ihrem ursprünglichen Sinn, nämlich Aktien oder Anleihen, sondern um Wertpapiere, die von einem anderen Wert abgeleitet werden.
Diesen ursprünglichen Wert nennt man die Basis oder den Basiswert des Zertifikats. Er kann von jeglichem anderen Wert gebildet werden, also Rohstoffen, Edelmetallen, Aktien, Anleihen, Indizes, ETF, …
Man könnte also von „Wertpapier zweiter Ordnung“ sprechen. Wegen der Ableitung von den eigentlichen Werten werden Zertifikate der Kategorie der (Finanz-) Derivate zugeordnet.
Auch hier steht ein lateinischer Begriff im Hintergrund: Die Vorsilbe „de“ bedeutet „von, ab, weg“, „rivus“ ist der Fluss, zusammengesetzt also „weg vom eigentlichen Fluss(bett)“, „umgeleitet, abgeleitet“.
Zertifikate und der Bezug auf Basiswerte
Ein weiterer geläufiger Name ist „strukturiertes Wertpapier“.
Zertifikate im Bereich des Finanzwesens beziehen sich also auf Basiswerte wie Aktien, Anleihen, Währungen oder Rohstoffe bzw. auch auf damit verbundene Indizes und konstruieren auf dem Grund des Basiswerts ein eigenes Finanzprodukt.
Sie werden in aller Regel von Banken und Kreditinstituten (= Emittenten ) herausgegeben und meist an der Börse, seltener direkt beim Emittenten gehandelt.
Finanzmarktzertifikate existieren in Deutschland ausschließlich in der Rechtsform der Inhaberschuldverschreibung (vgl. dazu BGB § 793). Das macht – im Gegensatz zu Namenschuldverschreibungen – ihren unkomplizierten Handel an Börsen möglich, beinhaltet aber zugleich ein Totalverlustrisiko für den Anleger.
Die Anlageform des Zertifikats existiert erst seit Anfang der 1990er Jahre und war ursprünglich vorrangig für institutionelle Investoren gedacht. Mittlerweile sind sie jedoch auch bei semiprofessionellen und Privatanlegern beliebt.
Nach Angaben des Bundesverbandes für strukturierte Wertpapiere (BSW) existieren – Stand 2024 – ca. 1 Million Zertifikate von mehr als 3.000 Basiswerten. Der Umsatz mit Zertifikaten ist enorm hoch und lag beispielsweise allein im Januar 2024 bei ca. 116 Mrd. EUR.
Hier finden Sie die aktuelle Investmentauswahl
Warum und wozu gibt es Zertifikate?
Der Handel auf den verschiedenen Märkten – Geldmarkt, Kapitalmarkt, Gütermarkt, Devisenmarkt, Kreditmarkt – ist maßgeblich vom Aufeinandertreffen unterschiedlicher Erwartungen geprägt.
Andernfalls, wenn es z.B. nur um die Befriedigung unmittelbarer Bedürfnisse ginge, würde er vermutlich in erheblich geringerem Umfang stattfinden. Tatsächlich aber bildet der Markt den Austauschplatz für Waren und Finanzprodukte aller Art, bei dem die einen mit fallenden, die anderen mit steigenden Preisen rechnen. Die einen wollen also kaufen, die anderen verkaufen.
Anlage- und Hebelzertifikate
Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Zertifikaten, die eine Anlage mit bestimmten Funktionen kombinieren (Anlagezertifikate), und solchen, die zu einer Anlage einen Hebel (Hebelzertifikate) hinzufügen.
Was sie ermöglichen:
Vervielfachen der Gewinne
Zertifikate sind eine Form von „gesteigertem Erwartungsprodukt“. Wer mit steigenden oder fallenden Preisen rechnet, findet in ihnen Möglichkeiten, diese Erwartung an bestimmte Basisprodukte zu koppeln und dadurch mögliche Gewinne zu vervielfachen.
So gibt es beispielsweise Zertifikate, die bei fallenden Preisen des Basiswerts überproportional zum tatsächlichen Kursverlust der Ware (z.B. einer Aktie) Gewinne ausschütten, genauso wie bei steigenden Preisen.
Begrenzen der Verluste
Ebenso bietet das Spektrum der Zertifikate Möglichkeiten, eintretende Verluste durch sogenannte Barrieren zu begrenzen. Zwar sinkt der Wert des Zertifikats, aber aufgrund der Barriere nicht bis zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals.
Analog zum Fremdkapital bei sogenannten Leverage-Finanzierungen beinhalten Hebelzertifikate also einen Multiplikator auf den Basiswert, der Gewinne (aber auch Verluste) vervielfältigt.
„Dämpfen“ der Unmittelbarkeit von Kursentwicklungen
Andere, nämlich vor allem die sogenannten Anlagezertifikate, haben ganz im Gegenteil dazu einen „dämpfenden“ Effekt. Anstatt unmittelbar den Kurs von (Basis-) Werten mitzuverfolgen, sind bestimmte Barrieren oder Schwellen eingebaut, jenseits derer Gewinne und Verluste nicht mehr direkt 1:1 den Wert des Zertifikates beeinflussen.
Ein Zertifikat auf Gold könnte beispielsweise so konstruiert sein, dass es bei einem totalen Einbruch des Goldkurses dennoch einen (nicht unerheblichen) Restwert behält.
Genauso könnte es bei einem „Goldrausch“ ab einer bestimmten Schwelle nur noch einen Teil der erzielten Gewinne auszahlen.
Zwischenfazit
Der Handel mit Zertifikaten basiert also auf den gegensätzlichen Erwartungen der Marktteilnehmer. Der Preis dieser Derivate bestimmt sich zum großen Teil aus der Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Kurs- bzw. Wertentwicklungen.
Damit sind Zertifikate Finanzprodukte für Marktprofis. Sie können die Gewinnchancen erheblich erhöhen, ziehen dabei aber auch das Risiko enorm in die Höhe.
Außerdem sind sie ein geeignetes Mittel für das sogenannte Hedging („Stützen“). Durch ihre sehr unterschiedliche Konstruktionsweise sind sie in der Lage, unterschiedliche Marktentwicklungen gegeneinander abzustützen.
Ein Beispiel für diese Funktionsweise könnte sein:
„Im Fall von Entwicklung X federt Zertifikat A Verluste ab, während Zertifikat B gerade wegen Entwicklung X Gewinne erzielt. Hingegen mach A Gewinne bei Nicht-X, und die Verluste bei Zertifikat B sind bei Nicht-X gedämpft“.
Für Banken und Kreditinstitute sind sie eine nicht unerhebliche Einnahmequelle, da sie mit verschiedenen Gebühren und z.T. versteckten Kosten (für die Anleger) bzw. Einnahmen (für die Bank) einhergehen.
Kategorien von Zertifikaten
Zertifikate können auf sehr differenzierte Weise auf unterschiedlichsten Basiswerten fußen und sind daher so vielfältig wie der sprichwörtliche Sand am Meer.
Nach Angaben des Branchenverbandes existieren rund 1 Million Zertifikate von mehr als 3.000 Basiswerten.
Produktklassifizierung des BSW
Allerdings lassen sie sich in bestimmte Kategorien einordnen, wie die folgende Darstellung des „Bundesverband strukturierte Wertpapiere“ (BSW) zeigt:
Wichtig ist zunächst die Unterscheidung zwischen Anlage- und Hebelprodukt.
Im ersten Fall handelt es sich um Zertifikate, die allesamt zu einem Basiswert ein zusätzliches Kursszenario beinhalten, sei es eine Barriere (Untergrenze), eine Bonusschwelle (Obergrenze) oder eine Laufzeitoption.
Damit stehen sie im Gegensatz zu den Hebelzertifikaten, die zu jeglichem Kursszenario zusätzlich einen Multiplikator enthalten, der zu einem festgelegten Faktor Gewinne und Verluste des Basiswerts vervielfacht.
Zusätzlich zu dieser Unterscheidung kann man differenzieren nach dem BEZUG auf den Basiswert und der ART DES BEZUGS auf diesen Basiswert.
Bezug auf bestimmte Basiswerte
Indexzertifikate
Hierbei handelt es sich um Derivate, die auf einen bestimmten Index Bezug nehmen, wie z.B. auf den DAX oder den Standard & Poor’s 500 Index oder auch auf einen ETF (Exchange Traded Fund).
Es ist allerdings noch einmal zu unterscheiden zwischen Kurs-Indizes und Performance-Indizes.
Jeder Index kann entweder allein aufgrund der erzielten Marktkurse oder aber inklusive ausgezahlter Dividenden und Kapitalveränderungen (Performance) berechnet werden.
So wird z.B. der DAX normalerweise als Performance-Index angegeben, der Dow Jones hingegen als Kursindex. Für den Erwerber eines Zertifikates ist es in der Regel vorteilhafter, ein Zertifikat mit Bezug auf einen Performance-Index zu kaufen, weil darin die ausgeschütteten Dividenden mit enthalten sind.
Index-Zertifikate haben normalerweise keine Laufzeitbegrenzung und werden daher auch open-end-Zertifikate genannt. Auch der Name Partizipationszertifikate ist geläufig, weil sie dem Anleger die Teilnahme (= Partizipation) an einer Kursentwicklung ermöglichen.
Basket-Zertifikate
Anders als bei Indexzertifikaten kommen hier nur ausgewählte Aktien oder Wertpapiere (oder auch andere Werte) in den „Warenkorb“ (Korb engl. „basket“). Auch hier gibt es eine weitere Unterscheidung, nämlich in aktiv und passiv gemanagte Basket-Zertifikate.
In einen Fall kann die Zusammensetzung vom Management während der Laufzeit (aktiv) geändert werden, im anderen Fall nicht (passiv).
Auch in diesem Fall handelt es sich meist um open-end-Zertifikate ohne Laufzeitbegrenzung. Wie die Indexzertifikate können sie als Partizipationszertifikate bezeichnet werden.
Aktienanleihe
Eine Anleihe auf eine Aktie (engl. equity linked bond od. reverse convertible bond) ist der klassische Fall eines Derivates. Sie ist in der Regel an die Aktie(n) eines bestimmten Unternehmens gekoppelt, andernfalls handelt es sich um eine Indexanleihe.
Eine Aktienanleihe bietet dem Unternehmen Liquidität und Verbesserung der (Aktien-) Kursstabilität, dem Käufer des Zertifikates vergleichsweise hohe und feste Zinszahlungen (Kupon, Kuponzahlung).
Am Ende der Laufzeit erhält der Zertifikatserwerber entweder den Nominalbetrag des Zertifikates zurück ODER aber eine bestimmte Anzahl an Aktien. Der Vorteil für den Emittenten des Zertifikates liegt auf der Hand.
Sinkt der Kurswert der Aktien, kann er das Zertifikat in Aktien ausbezahlen („andienen“), steigt der Kurswert, muss er „nur“ den Zertifikatswert zurückzahlen. Für den Erwerber sind die Kuponzahlungen interessant, die das normale Zinsniveau von Anleihen normalerweise deutlich übersteigen.
Art der Bezugnahme/Funktionsweise
Durch die Angabe des Bezugspunktes von Zertifikaten ist noch nicht gesagt, wie das Zertifikat eigentlich funktioniert. Index- und Basket-Zertifikate bedürfen also weiterer Angaben, um die Art des Zertifikates zu definieren.
Diese Angaben zur Funktionsweise können für die Anlageentscheidung durchaus wesentlicher sein als die Frage nach dem genauen Bezugspunkt (Basiswert).
Die Aktienanleihe hingegen ist bereits eine Mischform unter den Zertifikaten. Sie beinhaltet zum einen den Bezug auf einen bestimmten Basiswert, zum anderen auch eine bestimmte Art der Bezugnahme durch die Besonderheit der Rückzahlungssituation.
Im Folgenden werden die verschiedenen Zertifikatstypen in der Reihenfolge der obigen Schematisierung – im Wesentlichen nach ihrer Funktionsweise – beschrieben:
Anlageprodukte mit vollem Kapitalschutz
Kapitalschutzzertifikate/Garantiezertifikate
Bei dieser Art Zertifikat ist eine feste Laufzeit Bestandteil des Investments sowie eine Garantie für eine Mindestrückzahlung, oft sogar in Höhe des eingesetzten Kapitals (dann heißt es auch Kapitalschutzzertifikat).
Die Kehrseite ist eine Begrenzung der Gewinnmöglichkeiten durch einen Deckel (Cap). Auch der sogenannte Partizipationsfaktor („Multiplikator“, zu dem man an möglichen Kursgewinnen teilnimmt) kann durchaus kleiner als 1 sein (will heißen: man nimmt nicht 1:1 an erzielten Kursgewinnen teil).
Der Anleger partizipiert darüber hinaus meist nicht an Dividendenausschüttungen, indem das Zertifikat oft an einen Kursindex und nicht an einen Performanceindex gekoppelt ist.
Strukturierte Anleihen
Ähnlich wie „gewöhnliche“ Anleihen haben sie eine Laufzeit und einen Zinssatz. Allerdings sind sie je nach konkretem Produkt mit zusätzlichen Bedingungen gekoppelt („Struktur“), etwa bestimmten Schwellen für Veränderungen des Zinssatzes (hier auch Kupon genannt).
Die strukturierte Anleihe wird in einem solchen Fall auch „Floater“ genannt (von engl. „float“: schwimmen, fließen, auf dem Wasser treiben, nicht gebunden sein). Genauso kann sie mit Barrieren oder Boni (siehe Bonuszertifikat) verbunden sein, einen Cap haben, nach Art eines Discountzertifikates (siehe weiter unten) konstruiert sein etc.
In der oben dargestellten Übersicht wird sie den Zertifikaten mit (vollem) Kapitalschutz zugerechnet, was aber nicht notwendigerweise bei jeder strukturierten Anleihe der Fall sein muss.
Vorsicht: Der hier für die Kategorisierung angewendete Begriff „Kapitalschutz“ suggeriert eine Sicherheit, die bei keinem Zertifikat gegeben ist, da ihr Erwerb IMMER mit dem Emittentenrisiko einhergeht.
D.h., für den Verkäufer des Zertifikats besteht das Risiko einer Insolvenz, welches die Wertlosigkeit des Papiers zur Folge hätte.
Am Beispiel der Lehmann-Pleite im Jahr 2008 konnte man eindrucksvoll sehen, dass auch größere Banken nicht immer vor solchen Ereignissen gefeit sind.
Anlageprodukte ohne vollen Kapitalschutz
(Hierzu wären auch bestimmte Garantiezertifikate zu rechnen, die NICHT die Mindestrückzahlung des vollen eingesetzten Kapitals vorsehen, siehe Kapitalschutzzertifkate.)
Bonitätsabhängige Schuldverschreibung (engl. credit linked note)
Sie werden in der Regel von Banken (nicht von den betroffenen Unternehmen oder Staaten!) auf die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens oder eines Staates ausgestellt. Sie sind mit einer Regellaufzeit und damit verbundenen attraktiven Zinszahlungen ausgestattet, die allerdings beide enden, sollte ein „Kreditereignis“ eintreten.
Wird die emittierende Bank insolvent (Emittentenrisiko) oder werden das als Basiswert dienende Unternehmen oder der Staat zahlungsunfähig/insolvent oder strukturieren sie ihre Verbindlichkeiten um, enden die Laufzeit und die Zinszahlungen. Das führt möglicherweise zu Abschlägen auf den Nennwert des eingezahlten Kapitals bis hin zum Totalverlust.
Auch bei steigenden Marktzinsen oder einer sinkenden Bonität des sogenannten Referenzschuldners, auf den sich die Schuldverschreibung bezieht, kann es zu Wertverlusten dieser bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen kommen.
Die Aktienanleihen wurden bereits weiter oben dargestellt.
Discountzertifikate
Wie der Name schon andeutet, liegt der Kaufpreis dieser Art von Zertifikaten unter dem Kurswert des zugrundeliegenden Basiswertes (discount).
Damit verbunden ist allerdings zum einen eine feste Laufzeit und zum anderen eine Begrenzung der möglichen Kursgewinne durch den sogenannten Cap (dt. „Deckel“), der im Übrigen bei vielen Zertifikaten auftritt.
Übersteigen die Kursgewinne des zugehörigen Basiswertes diesen Cap, geht der daraus folgende Übergewinn komplett an den Anbieter des Zertifikates.
Außerdem partizipieren Discountzertifikate nicht an ausgeschütteten Dividenden.
Expresszertifikate
Sie sind mit einer festen Laufzeit verbunden, die allerdings automatisch vorzeitig (Express) endet, wenn ein bestimmtes Kursziel erreicht ist.
Wird es während der gesamten Laufzeit nicht erreicht, partizipiert der Anleger je nach Faktor und vereinbarter Barriere an den gewöhnlichen Gewinnen oder Verlusten, z.T. also wie bei Airbag- oder Garantiezertifikaten nur „gedämpft“.
Bonuszertifikate
Sie besitzen eine feste Laufzeit und bestimmen sich über zwei entscheidende Parameter. Eine Barriere (Kurs-Untergrenze, auch Sicherheitslevel genannt) und ein Bonuslevel.
Der Bonus fällt an, wenn der Basiswert während der gesamten Laufzeit das Sicherheitslevel nicht berührt oder unterschreitet, andernfalls verfällt er.
Werden Gewinne erzielt, partizipiert der Anleger in der Regel in vollem Maße (= kein Cap), ebenso allerdings an Verlusten.
Sprint- / Outperformance-Zertifikate
Im Grunde genommen eine Sonderform der Aktienanleihe.
Feste Laufzeit, aber mit dem Plus versehen, dass ein gestiegener Kurswert nach Ablauf der Laufzeit bis zu einem vereinbarten Cap doppelt ausbezahlt wird.
Ist der Kurs in der Zwischenzeit gefallen, werden wie bei Aktienanleihen anstatt des Kapitals Aktien „ausbezahlt“.
Hebelprodukte ohne Kapitalschutz
Optionsscheine (engl. Warrants)
Dabei handelt es sich um verbriefte Termingeschäfte.
Der Anleger erwirbt damit das Recht (aber nicht die Pflicht), zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer bestimmten Frist eine vereinbarte Menge eines Basiswertes (Rohstoff, Aktien, Währung, …) zu kaufen (call-Option) oder zu verkaufen (put-Option).
Dieses Bezugs- oder Verkaufsrecht wird mit einer Prämie bezahlt, die zusätzlich zum Kurs des Basiswertes bezahlt werden muss. Bei fallenden bzw. steigenden Kursen gewinnen die entsprechenden Call- oder Put-Optionsscheine massiv an Wert, andersherum droht eine Wertminderung bis hin zum möglichen Totalverlust.
Faktorzertifikate
Hierbei handelt es sich um extrem riskante Investments mit unbegrenzter Laufzeit (bei denen aber täglicher Handel üblich ist). Sie sind mit einem festen Faktor (Multiplikator) versehen, zu dem die Kursgewinne (aber auch Verluste!) des Basiswertes multipliziert werden.
Gewinnt der Basiswert z.B. ein Prozent, gewinnt ein Zertifikat mit Faktor 4 vier Prozent.
Knock-out-Zertifikate
Wie beim Boxen gibt es bei diesen Zertifikaten, in der Regel mit fester Laufzeit verbunden, Momente, an denen das komplette Investment „zu Boden geht“ (Knock-out, Totalverlust).
Zunächst funktioniert das Zertifikat wie beim Discount (siehe oben). Unterhalb des Basiswertkurses ist ein Einstieg möglich, allerdings ohne Cap, also mit voller Gewinnbeteiligung.
Wie bei anderen Zertifikaten gibt es allerdings eine Barriere, die in diesem Fall Knock-out-Schwelle heißt. Wird sie erreicht, ist das Zertifikat augenblicklich (trotz möglicher Laufzeit) komplett wertlos, also ein Totalverlust.
Der Ankaufs- und Verkaufspreis dieser Zertifikate wird mit einem Skalierungsfaktor berechnet, der den tatsächlichen Tageskurs des Basiswertes und die Knock-out-Schwelle miteinander in Beziehung setzt.
In der obigen Darstellung nicht eigens enthalten, weil in seiner Funktionsweise in verschiedenen Zertifikatstypen integriert, ist das sogenannte Airbag-Zertifikat:
Airbag-Zertifikate
Auch hier deutet der Name an, worum es geht.
Das Zertifikat beinhaltet eine Untergrenze, die sogenannte Barriere, um mögliche Verluste zu dämpfen (wie beim Crash mit einem Airbag). Das Zertifikat besitzt außerdem eine feste Laufzeit. Wird die vereinbarte Kurs-Untergrenze des Basiswertes nicht erreicht, der Kurs liegt aber unter dem ursprünglichen Kaufpreis, erhält der Anleger sein ganzes Geld zurück.
Wird die vereinbarte Barriere jedoch unterschritten, muss er – im Vergleich zum tatsächlichen Kursrückgang des Basiswertes „gedämpfte“ – Abschläge hinnehmen. Gewinnt hingegen die Basis an Wert, ist man bis zum Cap je nach Partizipationsfaktor an den Gewinnen beteiligt.
Aus der Übersicht mag deutlich werden, dass es bei Zertifikaten im Prinzip immer um die Kombination eines Wertes mit einem Kurs- und/oder Laufzeitszenario geht. Dabei ist grundsätzlich jede Kombination denkbar – und mit einer Million Produkten ja auch reichlich auf dem Markt vorhanden.
Hier finden Sie die aktuelle Investmentauswahl
Vor- und Nachteile von Zertifikaten
Wie bei allen anderen Finanzprodukten, verbinden sich mit Zertifikaten gewisse Vorteile und spezifische Nachteile, wobei die Einschätzung und Gewichtung beider durchaus auch im Auge des Betrachters liegen kann.
Was für den einen Anleger als großer Nachteil erscheint, z.B. die eingegangenen Risiken, mag dem anderen vernachlässigbar vorkommen oder gar einen persönlichen Vorteil (höhere mögliche Gewinnspanne) mit sich bringen.
Aufgrund der großen Spannbreite an konkreten Produkten sind allseits zutreffende Aussagen nicht ganz einfach zu treffen. Einigermaßen generell kann man dennoch sagen:
Vorteile
Grundsätzlich verfügen Zertifikate über eine enorm hohe Fungibilität, sie sind also sehr schnell und einfach handel- und austauschbar.
Diese Tatsache stellt einen der wichtigsten Gründe ihrer Beliebtheit bei vielen Marktteilnehmern dar. Ein nicht unwesentlicher Anteil der auf dem Markt angebotenen Zertifikate bietet Möglichkeiten der Begrenzung für das eingegangene Risiko.
Das bedeutet, da das Zertifikat sozusagen zwischen den unmittelbaren Basiswert und den Anleger tritt, (negative) Kursschwankungen je nach Art des Zertifikates in ihren Auswirkungen für den Investor deutlich „gedämpft“ werden (Airbag) können.
Kapitalschutzzertifikate schützen sogar das gesamte Anlagekapital (sieht man von dem Risiko ab, dass der Emittent insolvent wird).Einige Zertifikate sind mit einem Einkaufsvorteil verbunden (Discount-Zertifikate), so dass bei günstiger Kursentwicklung schon im Einkauf ein Großteil des Gewinnes liegen kann.
Für viele Nachfrager nach Zertifikaten stehen die außergewöhnlichen Gewinnchancen im Vordergrund ihres Interesses: Die Kursbewegungen der Basiswerte können bei präziser Prognose mittels Zertifikaten zu enormen Gewinnen multipliziert werden.
Aufgrund ihrer Konstruktionsweise sind unterschiedliche Zertifikate außerdem sehr gut geeignet, gegensätzliche Kursentwicklungen oder unterschiedliche Basiswerte gegeneinander abzustützen (engl. hedging, daher der Ursprung des Begriffs Hedgefonds).
Gerade für institutionelle Investoren und Anleger mit sehr breit gestreutem Portfolio ist dieses Stützen ein ganz wesentlicher Bestandteil der Gesamtstrategie ihrer Investments.
Nachteile
Je komplizierter ein Finanzprodukt konstruiert ist, desto höher ist in aller Regel der damit verbundene Verwaltungsaufwand und damit auch die Kosten.
Diese Kosten von Zertifikaten kommen zum einen in der sogenannten Geld-Brief-Spanne (engl. spread) zum Ausdruck: Der Briefkurs ist der Kurs, zu dem der Investor ein Zertifikat erwirbt. Der Geldkurs gibt an, zu welchem Preis der Emittent das Zertifikat zurücknimmt. Er liegt immer unter dem Briefkurs.
Der Emittent nimmt das Zertifikat also nur zu einem niedrigeren Preis zurück, als es ausgegeben wird.
Hinzu kommen Managementgebühren, bei Aktien als Basiswert meist der Verzicht auf Dividenden (wegen des Bezugs zum Kurs- statt zum Performance-Index) und mögliche Innenprovisionen sowie Rücknahmegebühren.
Zertifikate sind zum Teil überaus komplex konstruierte Finanzprodukte, deren Verständnis ein hohes Maß an Markterfahrung und Vorkenntnissen erfordert. Diese Komplexität macht sie zu einem bevorzugten Investmentinstrument professioneller Marktteilnehmer.
Privatanleger sollten sich sehr umfassend mit den konkreten Zertifikaten befassen und sich eingehend beraten lassen, bevor sie in den Handel mit solchen Derivaten einsteigen. Denn wenn auch die Möglichkeiten und Gewinnchancen dieser Derivate enorm sind, so sind es bei vielen Zertifikaten genauso die Verlustrisiken.
Generell kommt bei Derivaten zu den allgemeinen Marktrisiken das Insolvenzrisiko des Emittenten hinzu (sogenanntes Emittentenrisiko).
Und gerade die Hebelprodukte ohne Kapitalschutz beinhalten vergleichsweise hohe Risiken für den Totalverlust des eingesetzten Kapitals.
Besondere Investmentstrategien mit Zertifikaten
Zertifikate wären generell uninteressant, wenn sie nicht besondere Strategien ermöglichen würden, die andere Finanzprodukte nicht in gleichem Maße in sich tragen.
Fünf dieser Strategien seien hier vorgestellt:
Zertifikate bei deutlichen Marktveränderungen
Wie wir sehen konnten, gibt es Zertifikatstypen, die Marktbewegungen „überzeichnen“, also Aufwärtsbewegungen exponentiell vergrößern oder aus der Vorwegnahme von Verlusten überproportionalen Erfolg generieren können.
Hierzu gehören vor allem die Derivate mit Hebel, also Optionsscheine (Call- oder Put-Optionen) und Faktorzertifikate (mit oder ohne Knock-out). Auch Index- und Basket-Zertifikate und insbesondere Sprint-Zertifikate können je nach genauer Konstruktion (Partizipationsfaktor) die eigentliche Performance des Basiswerts deutlich steigern.
Zertifikate bei „Seitwärtsbewegung“ des Marktes
Häufig bewegt sich die Börse und andere Märkte in eher ruhigen Fahrwassern, die Ausschläge nach oben und unten (Volatilität) sind gering. Das nennt man in der Fachsprache „Seitwärtsbewegung“, und in solchen Phasen kann es schwierig sein, dennoch signifikante Gewinne zu erzielen.
Zertifikate bieten hier – bei entsprechender Marktkenntnis – gute Möglichkeiten. Man erhält zum Beispiel bei Aktienanleihen vergleichsweise hohe Zinszahlungen (sogenannter Kupon) und am Ende der Laufzeit den Nennwert des Zertifikates zurück (was bei deutlichen Aufwärtsbewegungen des Marktes unvorteilhaft wäre).
Auch Bonuszertifikate eignen sich bei erwarteten Seitwärtsbewegungen mit leichter Tendenz zum Positiven, Airbag-Zertifikate bei Tendenzen zum leicht Negativen.
Zertifikate bei dezent positiver Marktentwicklung
Ist die Börse oder andere Märkte in einer positiven Grundtendenz ohne große Ausschläge, eignen sich z.B. Discountzertifikate, bei denen der Gewinn dann (bei tatsächlich eintretender positiver Entwicklung) schon im Einkauf liegt.
Auch Expresszertifikate können in diesem Moment als Geldanlage geeignet sein, haben jedoch in der Regel eine längeren Anlagehorizont.
Zertifikate bei unklarer Marktentwicklung
Oft genug ist sowohl an der Börse als auch an den Rohstoff- und Geldmärkten unklar, wohin die Reise gehen mag. Zertifikate bieten hier für Kenner sehr gute Möglichkeiten der Geldanlage, um unterschiedliche Entwicklungen mit verschiedenen Derivatsgeschäften gegeneinander abzusichern bzw. abzustützen.
Gerade für professionelle Anleger mit sehr breiten und potenten Portfolien nutzen Zertifikate für Geschäfte in unsicheren Zeiten, weil sie für ihr Tagesgeschäft auf Einnahmen aus den Transaktionen angewiesen sind und ein gewisses Risiko eingehen müssen.
Mittel der Wahl können dann vor allem Optionsscheine sein, für Privatanleger bieten sich in diesen Situationen eher Garantie- bzw. Kapitalschutzzertifikate an.
„Insider“-Zertifikate bei Spezialwissen
Insidergeschäfte an der Börse sind verboten, wer Zugang zu Informationen hat, bevor sie in der Breite des Marktes verfügbar sind, darf nicht aufgrund dieser Informationen Geschäfte tätigen. Dennoch bieten Zertifikate nicht zuletzt aufgrund ihrer Komplexität Marktteilnehmern mit Spezialwissen besondere Handlungsmöglichkeiten.
So kann etwa ein Basket-Zertifikat in entsprechender Ausgestaltung für Experten eines bestimmten Marktsegmentes die Chance einer von den sonstigen Marktbewegungen unabhängigen Geldanlage bieten, wenn etwa die Sparte der Medizinischen Labore aufgrund einer einsetzenden Pandemie im Gegensatz zum restlichen Markt gehörige Aufwärtsbewegungen verheißt.
Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen sind ein Fall für „Zinsspezialisten“, die sich vor allem im Bereich der Kreditwürdigkeit von Staaten und Unternehmen gut auskennen.
Hier finden Sie die aktuelle Investmentauswahl
Gesamtfazit
Zertifikate bieten ein äußerst facettenreiches Spektrum für die Geldanlage und bergen – bei gekonntem Umgang damit – enorme Chancen in sich.
Allerdings gilt es, sowohl die konkreten Märkte als auch ihre Funktionsweise gut zu verstehen, da sie in den meisten Fällen mit erheblichen Risiken einhergehen.
Auch Garantie- und Kapitalschutzzertifikate, vermeintlich sehr sichere Formen der Geldanlage, beinhalten schließlich das Risiko der Insolvenz des Emittenten.
Gerade dieses Emittentenrisiko sollte zu großer Vorsicht im Umgang mit Zertifikaten führen, denn im Extremfall kann die Entwicklung des Basiswerts eines Zertifikates noch so gut sein – wenn der Emittent des Papiers wegen anderer ungünstiger Entwicklungen insolvent wird, ist das Derivat wertlos.
Auch im Bereich bestimmter Sachwertanlagen, v.a. bei Rohstoffen, Diamanten und Edelmetallen, spielen Zertifikate keine unwichtige Rolle, da z.B. die Geldanlage in Gold häufig nicht in das physische Edelmetall erfolgt, sondern in ein Goldzertifikat.
Ein Grundverständnis von Zertifikaten und ihrer Funktionsweise kann daher für den kundigen Anleger eine wichtige Grundlage für seine Entscheidungen auf den verschiedenen Märkten darstellen.
Behalten Sie den Markt im Überblick
- Exklusive Nachrichten
- Aktuelle Expertengespräche
- Exklusiver Zugang
- Ausführliche Hintergrundinfos
– Weitere interessante Themen:
Was ist ein Alternativer Investmentfonds?
Was verbirgt sich hinter dieser lukrativen Kapitalanlage? Erfahren Sie hier, was diese Form der Investmentfonds ausmacht und welche Vorteile Sie dadurch erhalten.
Was ist ein Club Deal?
Erfahren Sie mehr über die Chancen von Club-Deals. Wir ermöglichen Ihnen exklusive Zugänge zu diesen Investments.
Unsere aktuellen Alternativen Investmentfonds
Von uns für Sie geprüft. Finden Sie hier Ihr passendes Investment.
ProvenExpert Badge
ProvenExpert Bewertungssiegel
Adresse
Hörtkorn Finanzen GmbH
Oststraße 38-44
74072 Heilbronn
Kontakt
Telefon: (07131) 9 49-206
Telefax: (07131) 9 49-209
E-Mail: info@hoertkorn-finanzen.de