§ 6b Stille Rücklagen
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Die Begriffe „stille Rücklagen“ und „stille Reserven“ werden normalerweise synonym verwendet. Beachten Sie daher über die hier gebotenen Ausführungen hinaus auch den Artikel zu stillen Reserven, der etwas andere Schwerpunkte bildet.
Was sind stille Rücklagen?
Rücklagen sind ein Begriff, der in verschiedenen Zusammenhängen vorkommt, aber im Grunde genommen immer Geldmittel meint, die allgemein oder zu einem bestimmten Zweck „zurückgelegt“ werden.
Sie sind also dem momentanen Gebrauch oder Verbrauch entzogen. Privathaushalte zum Beispiel können Rücklagen bilden, um eine eventuelle Zeit drohender Arbeitslosigkeit finanziell überbrücken zu können oder für notwendige Anschaffungen die Mittel zur Verfügung zu haben.
Dieser Artikel konzentriert sich auf Rücklagen in unternehmerischen Zusammenhängen.
Offene Rücklagen als Eigenkapital
Rücklagen sind eine definierte Position in der Bilanz von Betrieben und Firmen. Sie können unterschieden werden in
- Gesetzlich erforderliche Rücklagen
- Freie Rücklagen
- Zweckgebundene Rücklagen
All diese genannten Posten werden auch als offene Rücklagen bezeichnet, da sie aus der Bilanz ersichtlich sind.
Stille Rücklagen als Eigenkapital
Den Gegensatz dazu bilden stille Rücklagen: Sie sind nicht aus der Bilanz erkennbar.
Genauso wie die offenen Rücklagen stellen sie Eigenkapital dar.
Weil die offenen Rücklagen innerhalb der Bilanz eine eigene Position einnehmen, wird anstatt von stillen Rücklagen sehr häufig auch von stillen Reserven gesprochen. Seltener begegnet synonym auch das Wort Bewertungsreserven, das bereits ungefähr ahnen lässt, wie es zu ihrer Entstehung kommt.
Stille Rücklagen bilden sich durch „falsche“, aber legitime Wertansätze bestimmter Bilanzposten, wodurch eigene Werte zu niedrig und/oder (fremdes Geld und damit) Schulden zu hoch ausgewiesen werden.
Im Englischen werden stille Rücklagen als hidden reserves oder silent reserves bezeichnet.
Die englische Sprache unterscheidet an sich kaum zwischen Rücklage und Reserve, am ehesten kann man hier noch auf savings (Ersparnisse) als Äquivalent ausweichen.
Dieser Begriff wird aber im Zusammenhang mit der Bilanzerstellung von Unternehmen normalerweise nicht verwendet.
Stattdessen begegnet für Rücklagen meist der Fachbegriff retained earnings („zurückgehaltene Gewinne/Einnahmen“).
Stille Rücklagen mindern daher vorübergehend den Ausweis von Unternehmensgewinnen und stellen somit ein wesentliches Mittel der – erlaubten – Bilanzgestaltung dar.
Werden die entsprechenden Positionen „realisiert“, tritt also ihr tatsächlicher Wert zutage, spricht man von der Aktivierung, vom Aufdecken oder der Auflösung stiller Reserven. Diese wirkt sich dann auch gewinnerhöhend aus.
Stille Rücklagen sind also keine Technik zur Vermeidung von Steuerzahlungen, sondern eher eine Möglichkeit zur Steuerstundung (Zahlung zu einem „geeigneten“ Zeitpunkt) und ein Instrument der Bilanzgestaltung.
Außerdem werden sie als enorm wichtig für die finanzielle Stabilität und Kontinuität von Unternehmensentwicklungen erachtet.
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Wie bildet man stille Rücklagen?
Grundsätzlich entstehen stille Reserven durch drei Vorgänge:
- Die sogenannte zwangsläufige Bildung. Aufgrund des Niederstwertprinzips für die Erstellung der Bilanz, einer gesetzlichen Vorgabe des Handelsgesetzbuches / HGB, entstehen zwangsläufig und wider besseres Wissens um den Marktwert von Vermögensgegenständen Differenzen zwischen Buch- und Marktwert (vgl. § 253 HGB).
- Die wahlweise Bildung. Für die Bilanzierung werden vom HGB Spielräume gewährt (z.B. das Aktivierungswahlrecht, also die Möglichkeit, bestimmte Wertgegenstände entweder in die Bilanz aufzunehmen oder eben nicht, vgl. § 248 Abs. 2 HGB), die zur Entstehung einer Differenz von tatsächlich vorhandenen Werten und bilanzierten Werten führt.
- Die Bildung durch Schätzfehler. Die Nutzungsdauer von Anlagegütern oder auch die Höhe zukünftig anfallender Kosten kann oft nur geschätzt werden. So kommt es bei Abschreibungen und Rückstellungen dazu, dass tatsächlicher (bzw. benötigter) Wert und angesetzter Wert differieren.
Insofern schließt sich diese Form der Bildung von Rücklagen aus bzw. ist mit Strafen belegt, wenn dieser Form des Bilanzbetrugs (Bilanzfälschung; siehe Wirecard-Skandal) jemand auf die Schliche kommt.
Die Bilanzpositionen bzw. Werte, in denen sich stille Reserven verbergen können, sind daher die folgenden:
Geringfügige Wirtschaftsgüter
Ihre Anschaffung wird zwar als Ausgabe verbucht, ihr Wert aber aufgrund der Geringfügigkeit (bis zu 800 EUR) nicht in die Bilanz aufgenommen.
Bei einem möglichen Wiederverkauf entsteht also ein Gewinn, der zugleich die Auflösung einer stillen Reserve beinhaltet.
Abschreibung auf Güter des Anlagevermögens
Hier entsteht sehr häufig eine Differenz zwischen der durch die Abschreibungen nach AfA-Tabellen (Absetzung für Abnutzung) entstehenden Bewertung für Vermögensgegenstände und deren tatsächlichem Marktwert.
Ein Beispiel: Ein Unternehmen kauft eine neue Immobilie für 1,2 Mio. EUR, sie wird jährlich mit 4% (gewerbliche Nutzung) abgeschrieben. Nach 5 Jahren hat sie also einen Buchwert von 960.000 EUR, wird aber für 1,1 Mio. EUR verkauft.
Das Unternehmen realisiert bei der Veräußerung also stille Rerserven von 140.000 EUR.
Selbst geschaffene immaterielle Wertgegenstände
Hier greift bei der Bilanzierung das Aktivierungswahlrecht – sie können, müssen aber nicht in die Bilanz aufgenommen werden. Im Fall von selbst programmierter Software u.ä. kann es sich um erhebliche Werte handeln. Wird sie verkauft, werden also stille Rerserven aufgedeckt.
Wertsteigerungen bei Anlagegütern
Güter des Anlagevermögens dürfen höchstens zum Anschaffungswert in den Büchern geführt werden (Niederstwertprinzip). Bei Grundstücken u.ä. kann dies dazu führen, dass ihr tatsächlicher Wert erheblich vom Buchwert der Bilanzierung abweicht.
Auch hierzu ein Beispiel:
Ein Betrieb hat vor 10 Jahren ein Grundstück für 250.000 EUR gekauft, das sich mittlerweile aber als nicht notwendig erwiesen hat. In der Zwischenzeit ist dort allerdings ein Baugebiet entstanden, so dass das Grundstück für 750.000 EUR verkauft werden kann.
500.000 EUR sind also aufgelöste stille Rücklagen.
Rückstellungen
Rückstellungen werden gebildet, um in der Zukunft anstehende sichere Zahlungsnotwendigkeiten bereits in den Blick zu nehmen und die entsprechenden Mittel nicht für die unmittelbare wirtschaftliche Tätigkeit zu verplanen.
Typische Beispiele sind Verfahrenskosten für Gerichtsverhandlungen, die noch nicht abgeschlossen sind, oder auch Pensionsrückstellungen für die späteren Ruhestands-Zahlungen an die ehemaligen Beschäftigten.
Ihre genaue Höhe ist allerdings oft nicht bekannt, so dass sich eventuell erhebliche stille Reserven darin bilden.
Verbindlichkeiten
Wie schon bei den Rückstellungen, geht es auch bei den Verbindlichkeiten um die Überbewertung von Passiva, alle anderen Posten waren Unterbewertungen von Aktiva.
Verbindlichkeiten bestehen oft gegenüber Lieferanten, die ihre Leistung bereits erbracht haben, aber noch nicht bezahlt wurden.
Nicht selten werden hierfür Werte angesetzt, die sich zum später erfolgenden Zahltag als aus irgendwelchen Gründen überhöht herausstellen, etwa, weil eine Zahlung in einer Fremdwährung erfolgt, die sich mittlerweile günstig zur eigenen Währung entwickelt hat.
In den meisten Fällen „entstehen“ stille Rücklagen mehr, als dass man sie aktiv bilden würde. Dies ist nicht zuletzt dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip – nichts an Vermögen überbewerten, nichts an Schulden unterbewerten – und dem Niederstwertprinzip des HGB geschuldet.
Allerdings kann man beispielsweise oft den Zeitpunkt der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes in das eine oder andere Wirtschaftsjahr legen, um stille Reserven zur (erlaubten) „Glättung“ der Bilanz heranzuziehen.
Vor- und Nachteile von stillen Rücklagen
Stille Rücklagen mindern die Gewinne, sind aber aus der Bilanz nicht einfach ablesbar. Sie helfen also für den Augenblick, Steuern zu sparen, die erst bei ihrer Aufdeckung zum einem späteren Zeitpunkt anfallen.
Die Aktivierung stiller Reserven dient außerdem der sogenannten Innenfinanzierung von Betrieben, die ohne diese liquidierbaren Mittel auf Fremdkapital und damit auf Außenfinanzierung angewiesen wären.
Da ihre Aufdeckung in vielen Fällen einigermaßen steuerbar ist, können sie ein wichtiges Mittel zur Stabilisierung der Liquidität darstellen und helfen, in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten handlungsfähig zu bleiben.
Steuer- und handelsrechtliche Aspekte
Ein wesentlicher Nachteil stiller Rücklagen besteht darin, dass sie für Außenstehende schwer aus der Bilanz erkennbar sind.
Somit kann leicht ein etwas verzerrter Eindruck von der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens entstehen. Das Steuerrecht weist daher Betriebe an, die Gewinne möglichst in ihrer tatsächlichen Höhe auszuweisen. Das bedeutet eher höher als niedriger – Stichwort Bilanzwahrheit.
Hingegen hat das Handelsrecht eher die Situation von Investoren im Blick und bevorzugt daher niedrige Wertansätze. Diese lassen das Investitionsrisiko eher höher als niedriger erscheinen (Stichwort Bilanzklarheit).
Für Aktionäre einer AG und Anteilseigner von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist die Bildung/Entstehung stiller Rücklagen für den Augenblick eher negativ, da sie im betreffenden Geschäftsjahr zu verminderten Gewinnausschüttungen und Dividendenzahlungen führt.
Für notwendige Reinvestitionen im Bereich von Anlagegütern sieht das Gesetz sogar eine Steuerbefreiung für die Übertragung stiller Reserven vor (vgl. § 6b EStG).
Damit unterstreicht es den Willen, nicht mit punktuellen Steuerlasten in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Betrieben eingreifen zu wollen.
Nimmt man die verschiedenen Gesichtspunkte und Funktionsweisen der stillen Rücklagen zusammen, ist ihre Bildung ein auch vom Gesetzgeber nicht nur erlaubter, sondern – innerhalb gewisser Grenzen – auch gewünschter Vorgang, weil er Unternehmen langfristig wirtschaftlich stabilisiert und konkurrenzfähig hält.
Was sind Sonderposten mit Rücklageanteil?
Hierbei handelt es sich um einen Posten der Steuerbilanz. Für die Handelsbilanz ist diese Position mittlerweile nicht mehr zulässig.
Bis 2009 waren Sonderposten mit Rücklageanteil nach § 247 Abs. 3 HGB in seiner alten Fassung auch in der Handelsbilanz auszuweisen. Mit dem 2009 erfolgten Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) entfiel diese Möglichkeit bzw. Notwendigkeit.
Sonderposten mit Rücklageanteil sind (nur in der Steuerbilanz) unter den Passiva anzugeben und enthalten Kapital, das für bestimmte Zwecke vorgesehen ist und das sich nach dem Steuerrecht gewinnmindernd auswirkt bzw. von der Besteuerung verschont wird.
Es handelt sich also dabei nicht um stille Rücklagen, sondern um offene.
Allerdings spielen stille Reserven insofern eine Rolle, als eine Möglichkeit zur Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil darin besteht, nach § 6b EStG Gewinne aus der Veräußerung bestimmter grundlegender Anlagegüter hier bis zur Reinvestition einzustellen.
Der entsprechende Gesetzesparagraf ist daher auch überschrieben mit „Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter“.
Der Sonderposten nimmt eine Zwischenstellung zwischen Eigen- und Fremdkapital ein, da er Elemente von beidem enthält: Das Kapital, das später für die Investition eingesetzt wird und damit in die Aktiva eingeht, muss in der Zukunft versteuert werden und beinhaltet also eine Steuerschuld = Fremdkapital.
Zum größeren Teil allerdings dient es tatsächlich zukünftigen Reinvestitionen und enthält also einen Rücklage-Anteil = Eigenkapital.
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