PRIIP-Basisinformationsblätter

Wer mit den Basisinformationsblättern noch nicht vertraut ist, kann sich in den ersten beiden Punkten einen Überblick dazu verschaffen. Wenn Sie sich mehr für die Vorgaben zum Ausweis der Kosten und der Nachkostenrendite und unsere Stellungnahme dazu interessieren, springen Sie bitte direkt zu diesen Punkten unten.

Warum eine Neuregelung auf EU-Ebene?

Die Europäische Kommission ist seit vielen Jahren damit beschäftigt, die Ursachen der letzten schweren und weltweiten Finanzmarktkrise (2007-08) aufzuarbeiten. Wichtigstes Ziel dabei: Mittels umfangreicher neuer Regulatorien den Versuch zu unternehmen, dass es in der Zukunft nicht mehr zu solchen disruptiven Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen kann. So sollen zum einen die weltweiten Finanzströme und das Wirtschaftsleben, zum anderen insbesondere Kleinanleger vor den Folgen solcher Krisen bewahrt werden.

Eine der unmittelbaren regulatorischen Folgen war in Deutschland 2013 der Erlass des Kapitalanlagegesetzbuches / KAGB, das unter anderem den bisherigen „grauen“ Kapitalmarkt geschlossener Fonds in den „weißen“ Kapitalmarktbereich vollregulierter Alternativer Investmentfonds (AIF) überführte.

Schon im Jahr darauf wurde auf EU-Ebene beschlossen, auch die zu geschlossenen Investmentvermögen gehörenden Anlegerinformationen zu reformieren. Dabei gilt die sogenannte PRIIP (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products) Verordnung für sogenannte „verpackte“ Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte.

Als „verpackt“ gelten Anlageprodukte, bei denen die Höhe des dem Anleger zurückzuzahlenden Betrags Schwankungen unterliegt, die sich aus der Entwicklung eines oder mehrerer Vermögenswerte ergeben, die der Anleger selbst nicht erwirbt. Alle Fonds (aber auch viele weitere Finanzmarktprodukte wie Zertifikate und Derivate) sind also verpackt: Hier erwirbt der Anleger Fondsanteile anstatt des eigentlichen Vermögenswertes. Der Vermögenswert wird stattdessen von der Fondsgesellschaft erworben.

Das neue Basisinformationsblatt ersetzt die bisher erforderlichen „wesentlichen Anlegerinformationen“ (wAI). Der Grund: Die wAI wurden vom Gesetzgeber als zu generell und zu wenig kundenbezogen empfunden.

Die Einführung der von der Verordnung geforderten und die wAI ersetzenden neuen Basisinformationsblätter wurde allerdings bis Anfang 2023 verschoben. Seitdem gelten sie als Ersatz für die bisherigen wAI zu geschlossenen Investmentvermögen und müssen jedem Interessenten vor der Zeichnung unaufgefordert ausgehändigt werden.

Was beinhalten die neuen Basisinformationsblätter?

Folgende Inhalte müssen darin in möglichst einfacher und verständlicher Sprache auf maximal 3 DIN A4 Seiten in genau dieser Reihenfolge dargestellt werden:

  1. Wie heißt das Produkt, wer ist der Emittent, welche Behörde ist dafür zuständig und wann wurden die Informationen erstellt?
  2. Um welche Art von Produkt handelt es sich, was ist das Anlageziel und die Anlagepolitik, die Laufzeit, die Leistungen währenddessen?
  3. Wie sehen das Risikoprofil und die Rendite in verschiedenen Szenarien aus?
  4. Was geschieht bei der Insolvenz des Emittenten?
  5. Welche Kosten entstehen, direkt und indirekt, absolut und in Prozentangabe, sowie ein Hinweis auf etwaige zusätzliche Vertriebskosten (falls nicht in der Kostenaufstellung enthalten).
  6. Empfohlene Haltedauer, vorzeitige Ausstiegsszenarien und die Bedingungen dafür, Hinweise auf mögliche Widerrufsrechte oder Bedenkzeiten.
  7. Beschwerdestelle
  8. Informationen über sonstige verfügbare Unterlagen (z.B. Verkaufsprospekt).

Die zwei wesentlichen Problempunkte aus unserer Sicht

Wir begrüßen das Anliegen des Gesetzgebers, Transparenz und Vergleichbarkeit unterschiedlichster Anlageprodukte herzustellen und zu gewährleisten. Allerdings sehen wir vor dem Hintergrund unserer Erfahrung und der tatsächlichen praktischen Gegebenheiten an zwei sehr wesentlichen Stellen Punkte, die wir Ihnen gerne etwas differenzierter darlegen möchten:

Das Risikoprofil

Die Verordnung zu den Basisinformationsblättern sieht vor, das Markt- und das Kreditrisiko miteinander zu kombinieren. Der bisherige Ausweis einzelner Risiken entfällt damit. Allerdings kommen alle geschlossenen Investmentvermögen aufgrund der Vorgaben mindestens in der Risikogruppe 6, wenn nicht 7 zu stehen, und befinden sich damit in den beiden höchsten Risikogruppen.

Wir erlauben uns hier anzumerken, dass wir diese pauschale Einstufung für die verschiedenen Sachwertfonds als unangemessen empfinden. Stattdessen gilt es aus unserer Sicht, sehr detailliert auf Emittenten- und Produktseite die einzelnen, tatsächlichen Risiken zu beleuchten und zu gewichten.

Wir denken, dass Sie, als Leser unseres Hörtkorn Sonntagsbriefings so sehr im Bereich Sachwerte qualifiziert sind, dass es sich Ihnen auch erschließt, dass beispielsweise Private Equity Dachfonds erheblich andere Risiken haben als Direktinvestments in einzelne Unternehmen. Oder auch dass ein Immobilienfonds, der günstig erstandene Objekte mit Langfristmietern hält, ein deutlich anderes Chancen- Risikoprofil hat als ein Projektentwicklungsfonds für Immobilienprojekte, bei denen bspw. noch komplett gebaut und die zu bauenden Einheiten dann später am freien Markt verkauft werden müssen. Die Aufzählung ließe sich weiterführen. Ihnen ist sicher klar, was wir meinen und dass die unter realistischen Rahmenbedingungen bestehenden Risiken und deren obligatorische Einstufung in den Kategorien 6 und 7 nicht immer mit den tatsächlichen Ausfallrisiken einherzugehen scheint.

Die Berechnung der Durchschnittsrendite unter Einbeziehung der Kosten

Vier verschiedene, abgestufte Performance-Szenarien müssen als jährliche Durchschnittsrendite in Prozent angegeben werden: Stressszenario, pessimistisches, mittleres und optimistisches Szenario. Dabei muss die folgende Formel angewendet werden:

Formel

Bei t handelt es sich um die Laufzeit.

Diese Formel berücksichtigt den Zinseszins und geht also von der Wiederanlage möglicher Ausschüttungen aus.

Dazu ein Beispiel:

Ausgabepreis plus 5% Agio:  100.000 EUR + 5.000 EUR
Laufende Ausschüttungen:  4% p.a.
Laufzeit:  10 Jahre
Rückzahlung:  100%, also 100.000 EUR

Setzt man diese Werte in die obige Formel ein, ergibt sich:

Formel

Aus einem Vierprozenter ergibt sich durch diese Rechnung ein knapper Dreiprozenter – für den interessierten Kunden sicherlich ernüchternd, wenn er auf solche Zahlen blickt!

Es liegt auf der Hand, dass diese Rechnung noch einmal ernüchternder wird, bezieht man die entstehenden Kosten mit ein. Geht man im obigen Beispiel von zusätzlichen Anfangsgebühren von 8% (zusätzlich zum Agio) und laufenden jährlichen Gebühren von (nur) 0,6% aus, kommt man am Ende auf eine ausgewiesene Rendite von lediglich 2,49%.

Warum und wie Sie anders auf die Zahlen schauen sollten

An sich ist es eine gute Sache, die entstehenden Kosten bei Investmentvorhaben in den Blick zu nehmen. Allerdings gibt es zu den gesetzlichen Vorgaben aus unserer Sicht zwei gewichtige Einwände:

  1. Ein schwacher Einwand, aber er sei angeführt: Mit den genannten Vorgaben müssen bei allen geschlossenen Investmentvermögen Dinge schwarz auf weiß dargestellt werden, die bei anderen Investmentformen nicht von vornherein aufgedeckt werden. Denken Sie z.B. an den direkten Kauf von Aktien oder Anleihen, bei dem Sie nicht automatisch die Depotgebühren und andere jährliche Kosten schwarz auf weiß mit der möglichen Rendite „gegengerechnet“ bekommen.
  2. Ein starker und wichtiger Einwand: In der obigen Formel werden die Kosten durchgängig auf die investierte Gesamtsumme berechnet. Bei vielen Fonds, insbesondere im Bereich Private Equity, liegt die tatsächliche, gleichzeitig abgerufene und investierte Summe aber ja nie über die gesamte Laufzeit bei 100% der Zeichnungssumme. Stattdessen kann das Investment mit der sogenannten J-Kurve beschrieben werden: Auf anfängliche und stufenweise Kapitalabrufe für Investments in Zielfonds und -Unternehmen erfolgen nach und nach bereits erste Rückzahlungen. Selten werden überhaupt 100% des Kapitals abgerufen, so gut wie nie sind sie gleichzeitig investiert. Dadurch wird das Ergebnis der obigen Berechnung in dieser Investmentform maßgeblich und erheblich nachteilig verzerrt, da die laufenden Kosten so gerechnet werden, als entstünden diese über die gesamte Laufzeit auf den gesamten Betrag.

    Die Rendite nach Kosten muss in den Basisinformationsblättern unseres Erachtens daher aufgrund der gesetzlichen, formalen Vorgaben künstlich unterbewertet und defacto zu niedrig ausgewiesen werden.