Unterschiede zwischen der US Notenbank Fed und der EZB
Ein Land, zwölf Notenbanken, eine Zentralbank
Das Federal Reserve System (dt. Bundes-Reserve-System) der USA datiert aus dem Jahr 1913. Die damalige Regierung Wilson sah sich nach verschiedenen Finanzkrisen und trotz erheblicher Bedenken gegen die Schaffung einer zu zentralistischen Gewalt veranlasst, die nationalen Goldreserven unter eine eigene und einheitliche Verwaltung zu stellen – die Zentralbank (Federal Reserve). Sie steht über den Notenbanken von zwölf eigens eingerichteten Distrikten. Mitglieder der Zentralbank sind außerdem alle Geschäftsbanken ab einer bestimmten Größe.
Notenbanken und Zentralbank bilden gemeinsam das Federal Reserve System. Die Fed ist politisch unabhängig, kann aber vom gesetzgebenden Kongress maßgeblich beeinflusst werden.
Die der Fed qua gesetzlicher Vorgaben gestellten Aufgaben sind:
- Förderung von kontinuierlichem Wirtschaftswachstum
- Bemühen um eine niedrige Arbeitslosigkeit – stabiler Arbeitsmarkt
- Erhalt einer nachhaltigen Preisstabilität
- Sicherung der Kaufkraft des US-Dollar
27 Länder in der EU, 20 Mitglieder im Euroraum, eine Zentralbank: Die EZB
Die Europäische Zentralbank und das dazugehörige Europäische Zentralbanksystem (EZBS) dagegen sind wesentlich jünger. Sie wurden 1998 gegründet und umfassen sämtliche nationale Zentralbanken der Mitgliedsstaaten – also auch die Notenbanken derer, die (noch) nicht dem Euro-Raum als gemeinsamem Währungsraum beigetreten sind. Die EZB und das EZB-System ist daher sozusagen zweistufig: Im engeren Kreis befinden sich die Länder des gemeinsamen Währungsraums, im erweiterten Kreis auch die weiteren Mitgliedsstaaten mit gestuften Mitspracherechten z.B. bzgl. des Euro.
Die EZB ist ein Organ der EU und grundsätzlich politisch unabhängig, wird aber von den verschiedenen anderen Organen der EU im Zuge der fortschreitenden Gesetzgebung innerhalb der EU mit Aufgaben und Funktionen betraut.
Die wesentlichen Aufgaben der EZB sind:
- Gewährleistung der Preisstabilität im Euro-Raum
- Einheitliche Bankenaufsicht über systemrelevante Banken (seit 2014)
- Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU
Gemeinsamkeiten
Gemeinsam ist den beiden Zentralbanken, dass eine ihrer wesentlichsten Aufgaben in der Wahrung der Preisstabilität in ihrem Währungsraum besteht. Mit anderen Worten: Der Kampf gegen hohe Inflation gehört zum fundamentalen Auftrag der sogenannten „Währungshüter“. Eines der hauptsächlichen Instrumente dafür liegt in der Festlegung des Leitzinssatzes für den Währungsraum, ein weiteres in der Kontrolle der verschiedenen Geldmengen.
Eine deutliche Parallele besteht darüber hinaus in der Aufgabe, generell die jeweilige Wirtschaftspolitik des Währungsraumes zu unterstützen.
Außerdem kennen beide Zentralbanken bei aller politischer Unabhängigkeit die oft subversiven Bemühungen der Politik, auf die anstehenden Entscheidungen und Maßnahmen Einfluss zu nehmen.
Unterschiede
Allein die historische Genese beider Zentralbanken und die Konstruktion ihrer Zuständigkeit bringt tiefgreifende Unterschiede zwischen ihnen mit sich.
Während es die Fed mit einem einzigen Land zu tun haben, den USA, stehen im Hintergrund der EZB sowohl im weiteren Kreis alle 27 Mitgliedsstaaten der EU als auch im engeren Kreis die 20 Mitgliedsländer des Euroraumes.
Die Folge: Die Aufgabe der „Unterstützung der Wirtschaftspolitik“ bedeutet für die Fed, EINE Regierung, EIN Land und damit im Wesentlichen EINE wirtschaftliche Grundsituation vor Augen zu haben und entsprechend zu agieren. Noch dazu kann die Fed für ihr Handeln auf einen einheitlichen Kapitalmarkt zurückgreifen, während die Kapitalmärkte der EU nach wie vor in nationale Märkte zersplittert sind und auch von internationalen Investoren sehr viel differenzierter gesehen werden, als beispielsweise die Bundesstaaten der USA als geografische Zielorte.
Für die EZB bedeutet das insgesamt, ein Konglomerat aus zum Teil höchst unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangssituationen vorzufinden, mit denen im Grunde genommen ein einheitliches zielführendes Vorgehen von vornherein aussichtslos ist. Das führt dazu, dass sich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen oft auf Stützungskäufe für Anleihen, also der jeweiligen Staatsschulden der Mitgliedsländer, reduzieren.
Auch bei der Frage der Festlegung eines Leitzinssatzes hat die Fed ein freieres Feld als die EZB. Neben der Inflation ist nämlich ein ausschlaggebender Faktor für die Festlegung dieses Zinssatzes die Staatsverschuldung: Je höher die Staats-Verschuldung, desto stärker wird die staatlich-fiskalpolitische Handlungsfähigkeit durch einen höheren Zinssatz eingeschränkt. Es liegt auf der Hand, dass solche Erwägungen bei der großen Asymmetrie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten und gleichermaßen der Staatsverschuldungen im EU-Raum kaum zu zielgerichteten Maßnahmen führen können.
Wie darüber hinaus schon aus den Aufgabenbeschreibungen der beiden Zentralbanken hervorgeht, haben die US-amerikanischen Währungshüter ein weiteres und gleichzeitig konkreteres Aufgabenfeld: Die Fed soll neben der Währungsstabilität einen prosperierenden Arbeitsmarkt unterstützen und die Förderung von stetem Wirtschaftswachstum im Blick haben.
Indem sie dabei grundsätzlich auf EINEN Arbeitsmarkt und EINE Wachstumsquote schaut (bei allen Unterschieden zwischen den US-Bundesstaaten), kann sie sehr viel stärker als ein unternehmerischer Marktteilnehmer gezielte Maßnahmen für die jeweiligen Aufgabenfelder ergreifen.
Die EZB hingegen ist mit diesen konkreten Aufgaben gar nicht erst explizit betraut. Vor dem Hintergrund der zum Teil extremen Asymmetrie in der Staatsverschuldung und unterschiedlichen Situationen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bzw. Euro-Raum-Ländern, wären gezielte Einzelmaßnahmen ohnehin ein ambivalentes Mittel: Was für die einen gut ist, wirkt sich für die anderen negativ aus, und umgekehrt. Innerhalb der EU haben wir beispielweise ein hoch verschuldetes Land wie Italien mit einer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die in etwa auf dem Niveau liegt, wie es vor dem ersten Amtsantritt von Silvio Berlusconi war auf der einen Seite und auf der anderen Seite ein Land wie Deutschland, welches bis vor Kurzem prosperierte und eine im Vergleich zu Italien weniger als halb so hohe Verschuldung vorweist.
Folgerungen für die jeweiligen (Kapital-) Märkte – generell und aktuell
Der größere Aufgabenumfang der Fed und der (mehr oder weniger) einheitliche Markt, auf dem sie agieren kann, bringen es mit sich, dass ihre Maßnahmen schneller, gezielter und in aller Regel wirkungsvoller umgesetzt werden, als das bei der EZB der Fall ist. Letztere ist aufgrund der großen Unterschiede im Euro-Raum oft zu einer eher passiven Haltung veranlasst, während die Fed als proaktiver Akteur auf dem Markt auftritt.
Ein eindrucksvolles Beispiel dafür aus der jüngeren Vergangenheit ist die Stützung der Banken in der aufkommenden Krise vor einem Jahr. In den USA wird nicht monatelang zugeschaut und abgewartet, wie sich die Dinge entwickeln, und es wird im Zweifelsfall auch nicht lange gefackelt, wenn sich großvolumige Maßnahmen als zielführend erweisen. So wurde letztes Jahr im März am ersten Wochenende nach der sich anbahnenden Bankenkrise und einen Werktag nach der Abwicklung der Silicon Valley Bank ein Kreditstützungsprogramm durch die Fed gegenüber den Banken gewährleistet, welches weit über 2 Billionen USD umfasste.
Fazit:
Für die aktuelle Situation – unter anderem in bestimmten Bereichen des Immobilienmarktes – bedeutet das eine berechtigte Aussicht darauf, dass die USA ihre diesbezüglichen Probleme wohl schneller in den Griff bekommen kann als der Euroraum.
Trotz allen Verschiebungen des internationalen Machtgefüges stellen die USA nicht zuletzt aufgrund der aktiven und umfassenden Rolle der Fed weiterhin unangefochten den dominierenden Währungsraum dar.
Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ist die Leitwährung an etwa 88 Prozent aller weltweiten Handelstransaktionen beteiligt. Insbesondere werden die Käufe und Verkäufe von Rohöl, nach wie vor der zentrale Schmierstoff der Weltwirtschaft, nahezu komplett in US-Dollar abgewickelt. Der Dollar-Anteil am weltweiten Devisenhandel beläuft sich aktuell auf fast 60 Prozent. Und auch die Hälfte aller internationalen Schuldpapiere und Darlehen notieren in der US-Währung. Alle vorgenannten Angaben der BIZ sind aus 2023.
Aufgrund seiner Wertstabilität und des großen Vertrauens in die wirtschaftliche Stärke der USA gilt der USD mithin an den Finanzmärkten als sicherer Hafen in Krisenzeiten.
Wer ein gut diversifiziertes Anlageportfolio auf- oder ausbauen will, findet mit USD-Investments in den verschiedenen Assetklassen bei sorgfältiger Auswahl auch aufgrund der eher aktiven Rolle der Fed äußerst positive Möglichkeiten und investorenfreundlichere Rahmenbedingungen vor. Vor allem ist das Verhalten der Notenbank an wirtschaftlicher Prosperität ausgerichtet und damit für Investoren berechenbarer als die EZB.
Für den Euroraum gilt generell, dass die nach wie vor vorhandene Uneinheitlichkeit der Märkte und Ausgangssituationen der nationalen Finanzen zu einer im Vergleich zu den USA gedämpften bzw. gebremsten Dynamik und Stabilität des Gesamtmarktes führen. Nicht zuletzt leistet die EZB hier einen Beitrag zur „Verlangsamung“, weil sie zu einem eher zögerlichen und offenkundig reaktiven Verhalten gezwungen ist.
Peter Friedenauer
Geschäftsführer
Hörtkorn Finanzen GmbH
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