Die US-amerikanische Notenbank gibt den Takt vor, und die Europäer folgen. Um die Inflation wirksam zu bekämpfen, liegt der Leitzins der FED (Federal Reserve System) der USA seit September 2023 bei 5,25-5,5 % Zinsen, im Euroraum einen Prozentpunkt tiefer bei 4,5 %.
Dieses historisch rasch und umfassend gestiegene Zinsniveau ist nach wie vor eine der wichtigsten Einflussgrößen für den Immobiliensektor, sind doch die notwendigen Fremdkapitalfinanzierungen dadurch enorm in ihren Kosten gestiegen und zudem Anleihen als Alternativanlage bedeutsamer geworden.
Axel Hermann: „Kurzfristig noch bedeutsamer als die generelle Entwicklung ist, dass in den kommenden Monaten zunehmend viele Nachfinanzierungen für Bestandsobjekte anstehen. Das sind die neuralgischen Momente bei Investments in schwieriger werdendem Umfeld.“
Ein weiterer wichtiger Punkt und eine positiv prägende Einflussgröße bei der Betrachtung des US-amerikanischen Marktes ist die grundsätzlich zu Zentraleuropa unterschiedliche demografische Entwicklung: Nicht nur durch Zuwanderung, sondern auch durch eine höhere Geburtenrate der Bestandsbevölkerung ergibt sich hier ein Bevölkerungswachstum von jährlich ca. 1 %. Zum Vergleich: Deutschland liegt bei etwa 0,1 %, die USA liegen also um das Zehnfache höher. Das bedeutet in den USA einen Bevölkerungszuwachs von über 3 Millionen Menschen jedes Jahr.
Hinzu kommt die stabile gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes, also der Gesamtwirtschaftsleistung in den USA, ist im Gegensatz zu Deutschland eine Wachstumsgeschichte:
2021: + 5,9 % (D: + 2,6)
2022: + 1,8 % (D: +1,6)
2023: + 0,7 % (D: – 0,6)
Schätzung für 2024: + 2,1 % (D: + 0,5)
Stefan Schrader: „Schwer einzuschätzen ist, welche Auswirkungen die massive und sehr wirksame Bankenrettung vom März 2023 in diesem Jahr haben wird: Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit wurden in den letzten 12 Monaten mehrere Banken der USA abgewickelt (Stichwort Silicon Valley Bank), weitere Institute wurden mithilfe der FED gestützt. Vor allem durch adhoc Maßnahmen wie einem Einjahresprogramm – das nächsten Monat ausläuft. Oder doch verlängert wird? Die Auswirkungen könnten gravierend sein. Das Stützungspaket umfasst deutlich mehr als 2 Billionen USD subventionierter Kreditlinie seitens der amerikanischen Notenbank, welche den Banken zur Verfügung gestellt wurden.“
Hohe Zinsen: Hemmschuh für Kredite
Viele Marktbeobachter erwarten im Verlauf des Jahres sinkende Zinsen: Die Inflation scheint einigermaßen im Griff, nun ist es an der Zeit, die negativen Auswirkungen des Zinsniveaus auf viele Wirtschaftsbereiche wieder zu dämpfen. Nach den in den letzten Wochen und Monaten eher verhaltenen Aussagen einiger Verantwortlicher mag diese Senkung nicht so umfangreich ausfallen wie erhofft. Ein Festhalten am derzeitigen Zinsniveau wird aber allgemein nicht erwartet.
Denn schließlich hemmt das hohe Zinsniveau die Kreditaufnahme bei den Banken und damit einen wesentlichen Treiber für Investitionen und Innovationen: 2023 kam die Kreditvergabe in den USA nahezu zum Erliegen.
Der komplexe Stand der Dinge im Immobilienbereich
Axel Hermann: „Angesichts all der genannten und vieler weiterer Einflussfaktoren stellt sich der Immobilienmarkt in den USA derzeit disparat dar. Die hohen Zinsen sorgen in jedem Fall für ordentlich Druck bei denjenigen Marktteilnehmern, die mit geringer Eigenkapitaldeckung unterwegs sind, ob für laufende oder für zukünftige Projekte. Auch für die anstehende Nachfinanzierungsrunde sind sie eine Hürde und Bürde.“
Auf der anderen Seite gibt es Branchen, Regionen und Sondersituationen, die jedwedem Abwärtstrend trotzen. Sei es die sehr dynamische Ostküste mit ihren großen Ballungszentren und der nach wie vor hohen Nachfrage nach Wohnraum, sei es der Bereich Last-mile-Logistik im Handel, sei es die Region des „Sun-belt“ mit ihrer durchweg starken ökonomischen Entwicklung.
Aber betrachten wir im Einzelnen:
Die Auswirkungen im Bereich Wohnbau und damit für Mieten und Wohnen
Ähnlich wie in Deutschland, ist der US-Wohnungsbau durch die rasche Zinssteigerung und verschiedene Probleme mit den Lieferketten in gehörige Probleme geraten. Das Angebot an neu gebautem Wohnraum unterschreitet bei weitem den Bedarf. Gleichzeitig ist das Preisniveau derart hoch, dass das Transaktionsvolumen stark abgenommen hat, da viele ehemals potenzielle Eigennutzer sich schlicht den Hauskauf nicht mehr leisten können. Im Ergebnis zeigt sich der US-Wohnimmobilienmarkt sehr preisstabil und robust.
Es steht daher zu erwarten, dass sich die Angebotsknappheit noch bis 2025 oder länger ausweiten wird. Die aufgrund der hohen und wieder steigenden Preise etwas abflauende Nachfrage wird wohl auch die Preise korrigieren lassen, sodass in 2024 und den darauffolgenden Jahren hier wieder gute Einstiegsbedingungen entstehen könnten.
Für den Mietmarkt bedeuten diese Entwicklungen in jedem Fall, dass die Nachfrage steigen wird.
Axel Hermann: „Wenn der Bau eines Eigenheims nicht (mehr) erschwinglich ist, muss gemietet werden. Hier ist insbesondere im B-Segment des Marktes derzeit zwar ein Überangebot spürbar („Angebotsblase“), das A-Segment jedoch spürt bereits die Angebotsverknappung aufgrund steigender Nachfrage und wenig Angebotsausweitung durch Neubau.“
Die umsatzstärkste Volkswirtschaft der Welt: Handel, Logistik und Industrie
Man wird es wohl der insgesamt positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zuschreiben dürfen, dass Gewerbeimmobilien aus den Bereichen Handel, Logistik und insbesondere Industrie in den USA nach wie vor weitgehend gut dastehen. Aber auch hier bestehen regional durchaus große Unterschiede.
Für Investoren interessant sind besonders die Top-Metropolen der Ostküste mit ihren herausragenden Entwicklungskennzahlen. Es scheint eine ungebrochene Tendenz zu sein, dass in den USA insbesondere in dem groben Bereich zwischen Houston und Boston (über Atlanta, Charlotte, Washington, Philadelphia und New York) der Schwerpunkt der industriellen Entwicklung liegt, während an der Westküste „nur“ das Silicon Valley“ mit seiner Kreativität und dem Fokus auf die digitale Welt mithalten kann. Im Bereich der Logistikimmobilien konnte vor allem das Segment der mittleren Größen starke Zuwächse bei den Mieten verzeichnen.
Die Welt des Büros im Wandel
Nicht erst seit Corona, aber seitdem deutlich verstärkt, zeigt sich das Segment der Büroimmobilien in einem profunden Wandel. Zunächst hieß es „home office“, dann wurden die Belegschaften ins Büro zurückgerufen, nun zeigt sich eine gewisse Renitenz gegenüber einem einfach nur „zurück“ zum Alten: Das „Remote-Office“ und die Co-Working-Spaces gewinnen deutlich an Bedeutung, und damit sinkt zunächst einmal generell der Bedarf an Büroraum.
Die entsprechende Bautätigkeit ist bereits signifikant zurückgegangen, sodass in den kommenden Jahren mit einem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu rechnen sein wird.
Im Segment erstklassigen Büroraums ist ohnehin in den entsprechend dynamischen Regionen die Nachfrage weiterhin hoch, genannt seien mit Houston, New York und Atlanta nur die drei entwicklungsstärksten Metropolen.
Jetzt bauen und fertig sein, wenn es wieder aufwärtsgeht: Projektentwicklungen
Wenn sich auch der Gesamtmarkt in vielen Details mit einigen Schwierigkeiten und Fragezeichen präsentiert – eines ist klar, die Demografie und die ökonomischen Grunddaten sprechen eine eindeutige Sprache: In naher Zukunft wird eine erhebliche Nachfrage nach Wohnraum entstehen, die jetzt anlaufende Projektentwicklungen zu einer attraktiven Investmentmöglichkeit machen. Allerdings muss im Einzelfall der Standort in seiner Mikro- und Makrolage betrachtet werden, da auch im Bereich Wohnen und Mieten große Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen der USA bestehen.
Fazit:
Der Immobilienmarkt eines so großen und vielfältigen Landes wie die USA ist wie das Land: groß, komplex und vielfältig. Insgesamt stellt sich die US-amerikanische Gesamtökonomie derzeit als stabiler und dynamischer als Deutschland oder die EU dar.
Man wird in den USA in den nächsten 1-3 Jahren einen sehr heterogenen Verlauf in den Immobiliensegmenten und Regionen beobachten können. Die Spreu wird sich vom Weizen trennen und eine große Bewertungsdispersion zwischen unterschiedlichen Immobilien entstehen.
Stefan Schrader: „Dieses Auseinanderlaufen der Bewertungen wird sich durch eine laufende und absehbar beschleunigende Drucksituation unter den kleineren Regionalbanken verstärken. Es werden gute Projekte mit erheblichem Preisabschlag investierbar sein, da Banken Kreditprolongationen nicht zustimmen können oder mehr Sicherheiten einfordern, weil die eigenen Bilanzen der Banken schwach sind und zu diesem Handeln drängen. Vor allem diese Situationen werden im gewerblichen Bereich immer wieder gute Einstiegschancen bieten. Im wohnwirtschaftlichen Bereich entscheidet ganz allein die Wahl der Projektpartner und Standorte. Hier überwiegen die positiven fundamentalen Treiber der signifikant steigenden Nachfrage durch den Mietermarkt.
Der US-Immobilienmarkt ist in der nahen Zukunft auf jeden Fall keine pauschale Empfehlung. Sich fernzuhalten wäre töricht, pauschale Kaufempfehlungen unseriös. Es ist auch kein Umfeld für Investments in marktabbildende Immobilien ETFs oder REITs. Diese Immobilienaktien – REITs – waren immerhin im liquiden Anlagebereich bis 2022 die erfolgreichste Anlageklasse der letzten Dekade. Mit dem Blick nach vorn kommt es mehr denn je auf konkrete Expertise, Partnerauswahl, Standortauswahl, Nutzungsart und insbesondere bei den gewerblichen Investments auf die Bewertungsparameter beim Einkauf und solide Finanzierungsparameter an. Sind diese Punkte erfüllt, öffnet sich das Feld für eine der attraktivsten Einstiegsphasen in den US-Markt seit langem.“
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Axel Hermann
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