Investoren sollten aktuell sehr fokussiert vorgehen

Es herrscht ein stark gedämpftes Konsumklima

Seit 2021 andauernde Rohstoff- und Lieferengpässe ebenso wie ein Fachkräftemangel in vielen Branchen setzen der Produktionswirtschaft zu und lassen die Preise steigen. Seit Beginn dieses Jahres kommen zuerst die Verbraucherpreisinflation und direkt darauf extreme Energiepreisanstiege durch den Konflikt mit Russland als konjunkturelle Belastungsfaktoren hinzu.

Fing unsere Wirtschaft 2021 gerade an, sich vom Corona-Schock zu erholen und mit 2,6 % ein moderates Wachstum hinzulegen, verhindern die aktuellen Faktoren eine weitere wirtschaftliche Erholung. Für das laufende Jahr wird nur noch ein Wachstum von 1,4 Prozent erwartet. Das IWF prognostiziert für 2023 ein Rückgang des BIP um 0,7 % und für 2024 wieder einen moderaten Anstieg um 1,7 % (Quelle: Deutsche Wirtschaftsnachrichten vom 08.09.2022).

Längst nicht nur Haushalte mit kleinen Einkommen spüren die Belastungen und halten sich mit Konsumausgaben zurück. Laut einer aktuellen Umfrage der GfK sorgen sich auch höhere Einkommen zunehmend um steigende Preise. So stagnieren die privaten Konsumausgaben seit dem Jahr 2021. Die Bereiche Freizeit, Unterhaltung, Kultur sowie die Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen konnten nach den zweistelligen prozentualen Rückgängen im Jahr 2020 bisher keine Erholung starten. 4,4 % betrug der Rückgang der Konsumausgaben der privaten Haushalte im ersten Quartal 2022 zum Vorquartal.

Die Erwartungen für die kommenden Jahre bleiben gedämpft. Gestiegene Lebenshaltungs-kosten und die Angst vor Mehrbelastungen (Energie, Inflation) wird die Haushalte dazu veranlassen, Geld zurückzulegen bzw. den aktuellen Konsum anzupassen. Einen genaueren Einblick in das aktuelle Verbraucherverhalten der Haushalte liefert das HDE-Konsumbarometer. Im August 2022 fiel der Index mit 86,56 Punkten auf ein neues Allzeit-Tief. (Quelle: 17. Retail Real Estate Report 2022/2023).

Der nominale Erfolgstrend täuscht über die reale Lage hinweg

Inflationsbereinigt weist der gesamte deutsche Einzelhandel 2021 ein reales Umsatzplus von 0,9 Prozent aus. Damit fällt das reale Umsatzwachstum des deutschen Einzelhandels erstmals seit 2013 geringer als ein Prozent aus. Für das Jahr 2022 prognostiziert der HDE ein reales Umsatzminus von -2 Prozent. Nominal schafft der Einzelhandel damit aber dennoch ein respektables Umsatzwachstum über die 600 Mrd. Euro-Marke (siehe Grafik).

Grafik Einzelhandelsumsatz 2000 bis 2022

Die Konsumenten machen Unterschiede

Die Konsumenten verzichten nicht auf alle Warengruppen gleichermaßen. Bei den sogenannten „Fast Moving Consumer Goods“ passen Konsumenten ihr Ausgabeverhalten am schnellsten an. Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte sowie Genusskategorien bei Fleisch- und Wurstwaren, Obst und Gemüse zeigen die größten Mengenrückgänge. Die zwei Jahre andauernde Coronapandemie hat indessen die Reiselust der Deutschen trotz hoher Preissteigerungen deutlich beflügelt. Die Buchungszahlen der privaten Urlaubsreisen in der letzten Sommersaison waren auf dem Niveau von 2019 und teilweise darüber. Davon profitiert der stationäre Einzelhandel allerdings kaum. Die wieder starke Reiselust der Deutschen hat bspw. noch nicht zu einer Erholung im deutschen Gaststätten- und Hotelgewerbe geführt. Besonders für 2022 sieht der Branchenverband schwarz (Quelle: DEHOGA, Internet, 4.10.‘22).

Der Online-Handel ist überhaupt der Bereich, in dem der Einzelhandel reale Zuwächse verbucht. 2020 wuchs der Bereich um beachtliche 23 % und im Jahr 2021 um 19,1 % auf insgesamt 86,7 Mrd. Euro. Für 2022 erwartet der HDE Online-Monitor einen Anstieg auf 97,4 Mrd. Euro. Damit erreicht der Online-Handel im Non-Food-Bereich einen Marktanteil von 21,1 % aller Einzelhandelsumsätze. Im Food-Segment liegt dieser Marktanteil allerdings nur bei 2,7 %. Und der stationäre Einzelhandel konnte 2021 im Food-Segment als einzigen Bereich ein Umsatzplus von 1,5 % erzielen. Damit sind Nahversorger mit Schwerpunkt Lebensmittel und Drogerie der bei weitem stabilste Sektor im stationären Einzelhandel, trotz der Rückgänge bei Luxuswaren. Die Gesamtzahl der Lebensmittel- und Drogeriemärkte ist dabei mit 41.731 insgesamt nahezu konstant geblieben (2020: 41.738) (Quelle: 17. Retail Real Estate Report 2022/2023).