Die Situation auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt
Immobilienmarkt
Preise für Wohnimmobilien sind 2023 im Rekordtempo gefallen
Zins-Schock
Die medialen Meldungen zum deutschen Markt für Wohnimmobilien könnten negativer kaum sein: Die Preise seien auf breiter Front eingebrochen, die hohen Zinsen (Stichwort Zins-Schock) trügen die Hauptschuld, die wesentlichen Player und Investoren würden sich auf Jahre hinaus noch die Finger verbrennen an entsprechenden Projekten und Bauvorhaben.
Leider sind diese Meldungen nicht allesamt falsch oder massiv übertrieben: Den Markt plagen an vielen Stellen tatsächlich ernste Probleme. Erlauben Sie uns aber, die derzeitigen Meldungen für den Augenblick auf sich beruhen zu lassen, nicht in den Kanon des Krisenmodus einzustimmen und von einer gewissen Distanz auf den Markt zu schauen. Letztlich sind die neuen Rahmenbedingungen so, wie sie sind und allen Teilnehmern des Marktes nützt es ausschließlich, sich zu überlegen, wie man damit umgehen sollte, um das Beste daraus zu machen.
Prognose zum Wohnimmobilienmarkt – eigentlich ganz einfach?
Vier Faktoren kann man als die ausschlaggebenden identifizieren, nämlich
- die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen,
- die Anzahl der Baufertigstellungen,
- die Anzahl der eingereichten Bauanträge
- und die Entwicklung der Wohnraumnachfrage.
Schon aus dieser Aufzählung wird ein wesentlicher Grundzug des Wohnimmobilienmarktes deutlich:
Er funktioniert in „langen Wellen“. Denn vom Einreichen des Bauantrages über die Genehmigung bis hin zur Fertigstellung des Baus vergehen in aller Regel mehrere Jahre. Früher konnte man mit 2-4 Jahren rechnen, heutzutage sind es mindestens 5 und teilweise bis zu 10 Jahre, bis aus Ideen Projekte werden, die zu Wohnraumkonzepten entwickelt sind, am Markt verkauft werden, um schlussendlich Menschen Wohnraum zu bieten.
In den genannten vier Dimensionen zeigt sich momentan ein relativ klares Bild:
Alle drei erstgenannten Kategorien befinden sich in einem mehr oder weniger deutlichen Abwärtstrend. Nur und ausgerechnet die Nachfrage nach Wohnraum wächst, weil nicht zuletzt durch den Ukraine-Konflikt mehrere Millionen Menschen nach Deutschland zugewandert sind und Wohnraum brauchen.
Schon jetzt fehlen nach einer Studie der Hans-Boeckler-Stiftung in den deutschen Großstädten knapp 2 Mio. Wohnungen – und diese Situation wird sich nach den vorliegenden Zahlen noch um einiges verschärfen.
Dass die Situation bereits von Knappheit geprägt ist, belegen wiederum die Zahlen: Zwar sind tatsächlich die Kaufpreise für Eigentumswohnungen 2023 im Landesdurchschnitt um 6,7% gesunken. Gleichzeitig sind aber die Mieten in den sieben sogenannten A-Städten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Hamburg, Köln, München, Stuttgart) um durchschnittlich 4,8% gestiegen.
Unter den Auslösern und schwergewichtigsten Impulsen für die nahezu zum Erliegen gekommene Bautätigkeit sind tatsächlich die massiv gestiegenen Zinsen zu nennen, wobei diese Tatsache damit einher geht, dass sich auf Seiten der Banken die Einstellung verändert und verschlechtert hat, Bauprojekte mit erschwinglichen langfristigen Krediten zu unterstützen. Hinzu kommen bei den Bauträgern die gestiegenen Rohstoffpreise, teils massive behördliche Auflagen und das höhere Lohnniveau – alles Faktoren, die wohl auf absehbare Zeit keine Umkehrung erfahren werden und daher die Baukosten insgesamt hoch halten.
Führen wir die momentane Situation und die distanziertere langfristige Perspektive zusammen bedeutet dies: Die derzeitigen Schwierigkeiten auf der Anbieterseite von Bauvorhaben, Finanzierungen und Projektentwicklungen werden zu weiteren und verschärften Engpässen auf einem Markt führen, der ohnehin bereits von erheblichen Entwicklungsdefiziten geprägt ist.
Auf absehbare Zeit sind hier von Seiten der Politik dringend Programme und Lösungen erforderlich, weil Wohnraum zu einem Grundbedürfnis und Grundrecht der Bevölkerung gehört.