§ 6b Ersatzbeschaffung
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Was versteht man unter einer Ersatzbeschaffung?
Ganz generell kann man den Begriff verwenden, wenn man sich für etwas oder jemanden aus welchem Grund auch immer einen Ersatz beschafft. In dieser Bedeutung stellt „Ersatzbeschaffung“ keinen definierten und damit nur in bestimmten Zusammenhängen korrekt verwendbaren Begriff dar.
Definition des Begriffs Ersatzbeschaffung in Recht und BWL
In zwei Bereichen findet der Begriff der Ersatzbeschaffung eine deutlich spezifischere Verwendung, nämlich im Recht und in der Betriebswirtschaftslehre.
Juristische Merkmale einer Ersatzbeschaffung
Rechtlich spricht man im Zusammenhang mit Schadensersatz von Ersatzbeschaffungen.
Der Verursacher eines Schadens ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch/BGB dem Geschädigten gegenüber verpflichtet, „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“ (§ 249 Abs. 1 BGB).
Handelt es sich um einen Sachschaden, spricht man auch von Naturalrestitution. Bei Personenschäden ist stattdessen der erforderliche Geldbetrag zu entrichten. Auch bei Sachschäden ist dies statt der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands möglich (vgl. § 249 Abs. 2 BGB).
Ein solcher Fall liegt z.B. vor bei Totalschaden an einem Fahrzeug, bei dem keine Reparatur mehr erfolgt.
Ersatzbeschaffung in der BWL
Betriebswirtschaftlich handelt es sich bei einer Ersatzbeschaffung um den Ersatz eines abgenutzten oder nicht mehr funktionstüchtigen Gegenstandes des Sachanlagevermögens.
Man spricht in diesem Kontext dann auch von Reinvestition oder Ersatzinvestition.
Grundsätzlich sind zwei Fälle zu unterscheiden: die geplante Ersatzbeschaffung und die ungeplante, etwa aufgrund höherer Gewalt (Gewitterschaden, Naturkatastrophe) oder behördlichen Eingriffs.
Im Folgenden geht es nur um diese betriebswirtschaftliche Definition des Begriffes Ersatzbeschaffung, der also synonym zu Reinvestition oder Ersatzinvestition verwendet wird.
Der englische Begriff dafür lautet replacement purchase, wird im Gegensatz zu vielen anderen Fachbegriffen kaum genutzt.
Bestimmte grundlegende Formen betrieblicher Ersatzbeschaffungen im Anlagevermögen eines Unternehmens werden in Deutschland nach dem Einkommensteuergesetz/EStG von der Besteuerung verschont und sind daher in betrieblichen Zusammenhängen besonders interessant.
Analog werden nicht geplante Ersatzbeschaffungen aufgrund des Einwirkens höherer Gewalt oder behördlichen Eingriffs steuermindernd behandelt.
Steuerliche Verschonung von Ersatzbeschaffungen für Betriebe
Der volkswirtschaftliche Grundgedanke
Im Jahr 1964 entschied der Gesetzgeber, in das Einkommensteuergesetz einen neuen Passus einzufügen. Dieser sollte den sich schnell ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im und nach dem sogenannten deutschen Wirtschaftswunder (1950-1960) Rechnung tragen.
Viele Betriebe mussten umfassende Umstrukturierungen und Kapazitätserweiterungen vornehmen und bedurften dafür erheblicher Geldmittel, die zum großen Teil aus der Veräußerung veralteter Anlagegüter stammten.
Vor allem bei Grund und Boden sowie Gebäuden entstanden hohe Gewinne aus dem Verkauf bisheriger Wirtschaftsgüter, weil die dynamische Entwicklung eine enorme Wertsteigerung mit sich gebracht hatte.
Da die tatsächlichen Wertsteigerungen in einer Bilanz nicht zum Vorschein kommen, weil hier nur der Anschaffungswert abzüglich vorgenommener Abschreibungen verbucht wird, spricht man in diesem Zusammenhang von stillen Reserven.
Viele Güter des Anlagevermögens haben einen höheren Marktwert, als es ihrem Buchwert entspricht.
Bei der Veräußerung des Wirtschaftsgutes kommt es demzufolge zur Aufdeckung stiller Reserven, die an sich als Gewinn zu verbuchen und damit auch zu versteuern ist.
Würden die erzielten Gewinne allerdings unmittelbar und in voller Höhe besteuert, so die damalige Überlegung, entzöge man damit den Betrieben Liquidität. Diese würde aber für Ersatzbeschaffungen dringend benötigt, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund wurde der § 6b in das Einkommensteuergesetz eingefügt.
Der neue § 6b Einkommensteuergesetz
Dieser Paragraph regelt für Betriebe die Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter – immer im Hinblick auf die Ermöglichung adäquater Ersatzbeschaffungen für die veräußerten Güter.
Die so ermöglichte Steuerverschonung von erzielten Gewinnen ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll und daher vom Gesetzgeber als Möglichkeit geschaffen worden.
Der Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Betrieben und Unternehmen dient gleichzeitig dem Erhalt von Arbeitsplätzen, der Investitionstätigkeit, Zahlungsfähigkeit und vielem anderen mehr. Dies sind allesamt Faktoren, die auf vielen Ebenen zu einer Mehrung des Wohlstands und damit auch der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Menschen beitragen.
Der Staat erzielt also mit anderen Worten am Ende ein höheres Steueraufkommen, wenn er an dieser Stelle die steuerliche Belastung reduziert.
Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von der Übertragung der stillen Reserven auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten der ersetzenden Güter.
Was gilt nach § 6b EStG als Ersatzbeschaffung?
Damit nicht willkürlich jede stille Reserve bei ihrer Aufdeckung von jeglicher Steuerlast befreit wird, definiert das Gesetz genau die Übertragungsmöglichkeiten.
Sie erstrecken sich deshalb allesamt nur auf die grundlegendsten Wirtschaftsgüter, also vor allem Grund und Boden sowie Gebäude.
Hier der Überblick:
Weitere Voraussetzungen für steuerlich begünstigte Ersatzbeschaffungen sind:
- Die zeitliche Nähe der Ersatzbeschaffung (siehe unten Fristen)
- Auch die Ersatzbeschaffung muss Teil eines inländischen Betriebsvermögens sein (man kann also z.B. nicht ein Betriebsgrundstück verkaufen und stattdessen ein Privatgrundstück erwerben)
- Das veräußerte Wirtschaftsgut muss sich sechs Jahre lang im eigenen Betriebsvermögen befunden haben (bei städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen genügen zwei Jahre)
Wie sich der Grafik entnehmen lässt, sind die Reinvestitionsmöglichkeiten von oben nach unten durchlässig, von unten nach oben aber nicht. Aus dem Verkauf von Gebäuden erzielte Gewinne können beispielsweise nicht für den Kauf von Grund und Boden herangezogen werden, umgekehrt aber schon.
Auch für Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren (die zuvor mindestens sechs Jahre lang zum Betriebsvermögen gehörten) gilt, dass sie bis zu einer Höhe von 500.000 EUR übertragbar sind, in diesem Fall auf:
- die Wiederanschaffung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
- abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Grund und Boden gilt als nicht abnutzbar und scheidet damit aus den Reinvestitionsmöglichkeiten aus)
(Vgl. § 6b Abs. 10 EStG. Mit dieser Regelung sollen Gewerbetreibende Kapitalgesellschaften gleichgestellt werden, für die der Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften von der Steuer befreit ist.)
Kann/darf eine Ersatzbeschaffung teurer sein als das ursprüngliche Sachanlagegut?
Bei einem Schadensersatzfall kann der Schädigende natürlich nicht über den entstandenen Schaden hinaus belangt werden.
Ersatzbeschaffungen, die den Schadenswert überschreiten, müssen also der Geschädigte in der Höhe des Überschreitens des Schadenswertes selbst tragen.
In der betriebswirtschaftlichen Bedeutung von Ersatzbeschaffung jedoch ist es beim generellen Tempo der heutigen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung geradezu eine Seltenheit, dass Sachanlagegüter eins zu eins gegeneinander austauschbar sind.
Dies trifft insbesondere dann zu, wenn eine gewisse Zeit zwischen der ersten Anschaffung und der erforderlichen Ersatzbeschaffung verstrichen ist.
Deshalb ist es hier selbstverständlich möglich und häufig auch sinnvoll, dass eine Ersatzbeschaffung über die angefallenen Gewinne aus der Veräußerung des ursprünglichen Anlagegutes hinaus Kosten verursacht.
Sinnvoll ist es vor allem dann, wenn sich damit eine Kapazitätserweiterung oder eine Qualitätsverbesserung erzielen lässt.
Genau genommen handelt es sich in solchen Fällen der Qualitäts- oder Kapazitätsverbesserung nicht um reine Ersatzbeschaffungen im betriebswirtschaftlichen Sinne sondern um eine Form von Erweiterungsinvestition.
Steuerrechtlich ergibt sich daraus aber kein Unterschied, da auch die zusätzlich aufzuwendenden Mittel für solche Ersatzbeschaffungen die Gewinne reduzieren.
Damit erzielen sie also den gleichen Effekt wie die mögliche Einstellung der Gewinne in eine gewinnreduzierende Rücklage (§ 6b-Rücklage).
Innerhalb welcher Fristen muss die Ersatzbeschaffung nach § 6b EStG vorgenommen werden?
Häufig tritt der Fall ein, dass zwar Reinvestitionen in einem Unternehmen anstehen, Veräußerung und Ersatzbeschaffung aber nicht in das gleiche Wirtschaftsjahr fallen.
Auch diese Situation hatte der Gesetzgeber bei der Ausarbeitung des § 6b EStG im Blick. Es gilt daher als Regelfall, dass innerhalb von vier Jahren der Veräußerungsgewinn auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzbeschaffung übertragen werden muss.
Während dieser Zeit wird der Gewinn in die § 6b-Rücklage eingestellt und wirkt sich gewinnmindernd und damit steuermindernd aus.
- Der Fall der eigenen Herstellung. Wird ein Gebäude vom Steuerpflichtigen selbst hergestellt, gilt dafür die verlängerte Frist von sechs Jahren, wenn spätestens im vierten Jahr mit dem Bau begonnen wurde.
- Der Fall städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen. Hier verlängert sich die o.g. Fristen um jeweils drei Jahre.
- Der Fall „erst Ersatzbeschaffung, dann Veräußerung“. Nicht selten wird zuerst die Ersatzbeschaffung vorgenommen und dann das nicht mehr gebrauchte Wirtschaftsgut veräußert. Auch dies ist nach § 6b EStG steuerbegünstigt möglich, wenn beide Vorgänge nicht mehr als ein Wirtschaftsjahr auseinander liegen.
Werden die genannten Fristen überschritten, muss die gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden (Zwangsauflösung).
Zusätzlich erhöht sich die Bemessungsgrundlage rückwirkend mit 6% für jedes Jahr ihres Bestehens besteuert.
Wie werden Ersatzbeschaffungen nach § 6b EStG in der Bilanz verbucht?
Bei der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsgutes, also v.a. Grund und Boden sowie Gebäude, wird die steuerfreie Rücklage nach § 6b EStG gebildet. Die entsprechende Bilanzposition der Passivseite heißt „Sonderposten mit Rücklagenanteil“.
Auf der Aktivseite wird die Einstellung in die steuerliche Rücklage nach § 6b EStG unter „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ verbucht.
Wird der Gewinn auf die Ersatzbeschaffung übertragen, kommt es zu Erträgen aus der Auflösung einer steuerlichen Rücklage nach § 6b EStG und der Bilanzposition „Sonstige betriebliche Erträge“.
Der Sonderposten mit Rücklagenanteil“ der Passivseite wird entsprechend reduziert oder aufgelöst.
Diese Buchungsvorgänge müssen auch dann vorgenommen werden, wenn Veräußerung und Ersatzbeschaffung im gleichen Wirtschaftsjahr erfolgen, denn nur wenn diese Vorgänge aus der Bilanz ersichtlich sind, erfüllen sie die Vorgaben des § 6b EStG (die Übertragung der stillen Reserven muss aus der Buchführung klar nachvollziehbar sein).
Zusammenfassung
Das Stichwort Ersatzbeschaffung macht ein weites Feld auf, vom Schadensersatzfall und die damit verbundene Reparatur oder Naturalrestitution bis hin zu volks- und betriebswirtschaftlichen Vorgängen und steuerlichen Verschonungsmodellen.
Für unsere Zusammenhänge als Finanzdienstleister sind dabei vor allem die Regelungen des § 6b EStG interessant. Diese ermöglichen Gewerbetreibenden, Personengesellschaften sowie Land- und Forstwirten Möglichkeiten der Vermögensumstrukturierung und der gezielten Investitionen.
Die entsprechenden Anlagemöglichkeiten werden aufgrund des gesetzlichen Hintergrundes auch als § 6b-Lösungen bezeichnet und sind in der Form von geschlossenen Alternativen Investmentfonds (sog. § 6b-Fonds) strukturiert.
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Diese Informationen ersetzen nicht den jeweiligen Verkaufsprospekt. Sie enthalten lediglich Hinweise auf wesentliche Merkmale der Finanzanlagen, die angeboten werden. Alle Angaben wurden mit äußerster Sorgfalt zusammengestellt. Maßgeblich sind jedoch ausschließlich die jeweiligen, veröffentlichten, ausführlichen Emissionsunterlagen (Emissionsprospekt, Basisinformationsblatt bzw. Vermögensanlagen-Informationsblatt sowie evtl. Nachträge). Diese deutschsprachigen Unterlagen können bei Hörtkorn Finanzen GmbH über die unten angegebenen Kontaktdaten kostenlos angefordert werden.
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Risiken: Der Erwerb einer Finanzanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen. Grundsätzlich gilt: Je höher die Rendite oder der Ertrag, desto größer das Risiko eines Verlustes. Risikofaktoren sind z.B. höhere Kosten als kalkuliert; negative Prognoseabweichungen; geringere Verkaufserlöse bzw. Einnahmen; Änderungen der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen; u. U. Fremdwährungsrisiken.
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Was ist ein § 6b-Fonds?
§ 6b-Fonds sind spezielle Investmentfonds, die für eine Reinvestition gemäß § 6b EStG in Frage kommen und dafür besonders geeignet sind. Erfahren Sie, wie Sie die Vorteile entsprechend nutzen können.
Was bedeutet §6b EStG?
§ 6b EStG behandelt Aufdeckung und Übertragung stiller Reserven. Die steuerlichen Optionen können von unternehmerisch Tätigen genutzt werden. Erfahren Sie hier wie Sie diese nutzen können.
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